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Zweimal GKV Beiträge auf’s “gleiche Geld”? Kapitalabfindung und Sofortrente sind beitragspflichtig in der gesetzl. Krankenkasse, so das LSG im Urteil L 5 KR 84/15

Die Beiträge im Alter sind immer wieder ein Thema, welches den Versicherten Angst macht. Während in der privaten Krankenversicherung die Beitragssteigerungen bis zum (und im) Alter die größten Sorgen bereiten, geht es bei gesetzlich Versicherten um die Beiträge auf Einkünfte im Alter. Mit einem solchen Fall hatte sich auch das Landessozialgericht Rheinland Pfalz zu beschäftigen und fällte dazu unter dem Aktenzeichen L 5 KR 84/15 ein beachtenswertes Urteil.Rentner GKV - 1

Im Allgemeinen geht es um die Frage, welche Einkünfte im Alter bei dem, freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse versicherten, Rentner beitragspflichtig sind und was bei einer Wiederanlage passiert. Doch schauen wir uns das Urteil einmal im Detail an.

Bereits im Jahre 1975 hatte die Arbeitgeberin des Versicherten eine kapitalbildende Lebensversicherung abgeschlossen. Genutzt wurde hier die übliche und weit verbreitete Form der Direktversicherung, welche steuerbegünstigt und unter Nutzung von Ersparnissen in den Sozialversicherungsbeiträgen ist. Der Arbeitgeber schoss diese direkt ab und führte die Beiträge vom Lohn ab.

Zum vereinbarten Ablauf der Lebensversicherung sollte hier ein Kapital ausgezahlt werden, welches sind auf einen stattlichen Betrag von 115.698,65€ belief, worüber die Versicherung den Kunden informierte. Daraufhin teilte die gesetzliche Krankenkasse dem Versicherten mit, dass hier beitragspflichtige Einnahmen bestehen. Da aber nicht die Kapitalabfindung auf einmal zu einem Beitrag führt, wird diese gemäß den Richtlinien der Beitragsbemessung in der GKV auf einen Zeitraum von 10 Jahren, also 120 Monaten herunter gerechnet.

115.698,65€ bedeuten also 11.569,87€ anrechenbares Einkommen für die kommenden 10 Jahre und somit „fiktive“ monatliche Einnahmen von 964,16€, welche nun beitragspflichtig sind.

Darum erlies die GKV einen Bescheid und ermittelte (im Jahr 2013) einen Monatsbeitrag auf diese Kapitalabfindung, welcher sich auf 149,44€ in der Kranken- und 19,77€ in der Pflegepflichtversicherung belief, insgesamt also 169,21€. Dieser Beitrag fiel selbstverständlich zusätzlich zu dem Beitrag an, den der Kläger auf seine gesetzliche Rente zahlen musste, also ergab sich ein Gesamtbeitrag für die gesetzliche Krankenkasse von 404,34€ monatlich.

Dabei wurden Beiträge aus einer gesetzlichen Rente in Höhe von 1.339,79€ mit 207,67€, Bei­träge aus Versorgungsbezügen in Höhe von 964,16€ mit 149,44€ sowie Beiträge zur Pflegeversicherung mit 47,23€ berechnet.

Mit dieser Verfahrensweise war der Kläger aber so gar nicht einverstanden. Er legte Rechtsmittel ein und argumentierte, er habe den Betrag aus der Kapitalabfindung ja gar nicht ausgezahlt bekommen. Diesen habe er schließlich sofort wieder in eine Sofortrente (Anm. Bei der Sofortrente handelt es sich um eine Anlageform, in der Sie einen Einmalbetrag einzahlen und der Versicherer dann eine lebenslange, monatliche Rente zahlt) angelegt.

Von der Auszahlung habe er nur einen kleinen Teil (2.853€) selbst behalten und die 112.845,54€ sofort wieder angelegt. Hieraus erhalte er nun eine monatliche Rente von 493,81€ und sei gern bereit hierauf die Krankenversicherungsbeiträge zu zahlen.

Doch da hatte er die Rechnung ohne die Krankenkasse gemacht, denn diese argumentierte, dass die Erträge und damit die Sofortrente nunmehr ebenfalls beitragspflichtig wären. Für die lebenslange Rentenleistung ist nunmehr monatlich ein zusätzlicher Krankenversicherungsbeitrag von 73,58€ zu zahlen (lebenslang).

„Daneben unterliege die Sofortrente als sonstige Einnahme der Beitragspflicht zur freiwilligen Krankenversicherung. Aus rechtlicher Sicht handele es sich um Einnahmen aus verschiedenen Quellen. Für die beitragsrechtliche Bewertung der Kapitalleistung als Versorgungsbezug sei es nicht von Belang, was der Versicherte mit dem (ausgezahlten) Betrag an­schließend „anstelle“. Ebenso wenig spiele es für die Qualifizierung als sonstige Einnahme eine Rolle, mit welchem Startkapital der Versicherte seine Sofortrente finanziert habe.“

Nach dem Verwerfen des Widerspruchs durch die Krankenkasse bestritt der Versicherte dann den Klageweg und zog vor das Landessozialgericht, welches ausführte:

„Der Beitragspflicht unterlägen neben gezahlten Renten auch rentenvergleichbare Einnahmen (Ver­sorgungsbezüge). Zu den Versorgungsbezügen gehörten Renten der betrieblichen Altersversorgung, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zu Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt würden (§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Seit dem 01.01.2004 unterlägen auch kapitalisierte Leistungen der Beitragspflicht, wobei dann ein 1/120 der Versicherungsleistung als monatlicher Zahlbetrag anzusetzen sei (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V).“

Beachtenswert ist die weitere Argumentation, denn die bestehende Direktversicherung hatte kein Wahlrecht, der Kunde konnte also das Geld nicht als Rente ODER Kapital beziehen, sondern musste die Abfindung wählen. Der neue Vertrag zur Sofortrente wurde danach geschlossen.

„Vorliegend sei entscheidend, dass es sich um zwei selbstständige Versicherungsverträge handele. Die fällig gewordene Kapital­leistung ergebe sich aus der Lebensversicherung, die der Kläger bei der  … Lebensversicherung AG am 15.12.1975 abgeschlossen habe. Die Sofortrenten­zahlung ergebe sich dagegen aus dem Rentenversicherungsvertrag, den der Klä­ger am 26.02.2013 bei der … Rentenversicherung abgeschlossen habe. Die Leistungen aus diesen unterschiedlichen Verträgen würden mit unterschiedlichen Beitragssätzen veranschlagt.

Bereits in 2010 war ein Urteil des Bundessozialgerichts ergangen (Az. B 12 KR 5/09 R), wonach auch dann Beitragspflicht bestehe, wenn die Lebensversicherung an eine Bank abgetreten und zur Sicherung und Tilgung eines Darlehens abgeschlossen wurde. Auch hier- wenn das Geld unmöglich dem Kunden zufließen kann, gilt die 1/120stel Regelung und löst eine Beitragspflicht über 10 Jahre aus.

„Mit dem Fälligwerden der Kapitalleistung aus dem Lebensversicherungsvertrag zum 01.12.2012 sei der Kläger Inhaber einer Forderung gegen den Lebensversicherer in Höhe von 115.698,65€ geworden. In wirtschaftlicher Sicht habe sich damit für ihn die Entscheidungsoption eröffnet, wie dieses Kapital genutzt werden könne. Unabhängig von der Tatsache, ob der Be­trag an ihn tatsächlich ausgezahlt werde, bestehe für den Versicherten die Mög­lichkeit, wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen. Als Möglichkeiten würden dabei nach den Erfahrungen des Gerichts insbesondere die Auszahlung zum Verbrauch im Alltag, die Anschaffung von Gebrauchsgütern, eine Verwendung für Reisen, die Investition in eine Immobilie oder die Anlage in andere Versicherungen gewählt. Dass der Kläger hier entschieden habe, den Großteil der Kapitalleistung ohne Auszahlung direkt in eine weitere Versicherung zu investieren, lasse den Ein­nahmecharakter der Forderung aus den genannten Gründen allerdings nicht ent­fallen.“

Das Hauptargument des Versicherten war jedoch, das er auf eine Geldleistung nun zweimal Beiträge zahlen musste, dieses ist aber laut Auffassung des Gerichtes nicht der Fall, denn dort heisst es:

„Es handele sich auch nicht um eine doppelte Verbeitragung. Vielmehr seien die „Früchte“, die der Einmalbetrag aus der Kapitalleistung trage, ein wirtschaft­licher Vorteil, der zu berücksichtigen sei. So habe der Kläger vorliegend die Sofort­rentenversicherung nur deshalb zu diesen Konditionen abschließen können, weil ihm der hohe Kapitalleistungsbetrag auf einmal zur Verfügung gestanden habe. Als Ertrag sei insoweit der Zinsanteil anzusehen, der – abhängig von der Lebens­erwartung des Klägers – als monatliche Rente ausgezahlt werde. Gleiches würde im Übrigen gelten, wenn ein Versicherter den Kapitalleistungsbetrag in eine Immobilie investiere, aus der ihm anschließend Mieteinnahmen erwüchsen. Auch diese Erträge würden bei freiwillig Versicherten als Einnahmen berücksichtigt werden. Insofern seien keine Anhaltspunkte für eine unzulässige Doppelverbeitra­gung zu erkennen.“

Schauen wir uns zusammengefasst doch einmal an, welche Beträge nun in den nächsten Jahren für die gesetzliche Krankenkasse als „Mehrbeiträge anfallen“. Zunächst die Fakten:

Auszahlung der Kapitalabfindung von 115.698,65 €, davon 1/120 sind damit 964,16 € für die kommenden 10 Jahre

Beitrag KV: 964,16 € * 15,5% = 149,44 € mtl.

Beitrag Pflege: 964,16 € * 2,05% = 19,77 € mtl.

Dazu kommen für die Sofortrente:

Beitrag KV: 73,58 € (lebenslang)

In den ersten 10 Jahren fallen somit:

monatlich 149,44€ + 19,77€ + 73,58€ = 242,79€ an,

120 Monate * 242,79€ = 29.134,80 €

Lebt der Kläger noch weitere 10 Jahre und wird somit (nicht ungewöhnliche 85 Jahre alt), so fallen in den folgenden 10 Jahren nur noch die Beiträge auf die Sofortrente an, (neben seiner gesetzlichen Rente und ggf. anderen Einkünften) also:

73,58€ * 120 Monate = 8.829,60 €

Was genau verbleibt ihm insgesamt?

Ausgezahlt wurden 115.698,65€, davon wieder angelegt 112.845,54€

„Gewinn“ = 2.853,11€

ausgezahlte Renten Jahr 1-10: 964,16€ * 120 = 115.699,20€

abzüglich der Beiträge der GKV von 29.134,80€

= 89.417,51€ 

Danach folgen die weiteren Rentenzahlungen bis zum Lebensende. In dem Rentenbetrag werden (ist nicht genannt im Urteil) Überschüsse enthalten sein, welche nicht garantiert sind und sich auch verringern können, dann reduziert sich geringfügig auch der GKV Beitrag, also die 73,58€ monatlich.

Wie lange muss er leben, um die Kapitalabfindung wieder „heraus zu bekommen“?

Nun, die Einmalanlage lag bei 112.845,54€, nach 10 Jahren hat er aber nur 89.417,51€ bekommen, fehlen also 23.437,03€. Monatlich werden 890,58 € ausgezahlt (964,16 € Rente minus die 73,58€ KV Beitrag).

Um den Restbeitrag von mehr als 23.000€ also zu bekommen, muss unser Kunde hier noch mindestens 26 Monate leben. Dann hat er aber nur den Anlagebetrag „raus“ und über die 12 Jahre noch keinen einzigen Cent Zinsen erwirtschaftet.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie ebenfalls eine Direktversicherung (oder Lebensversicherung) abgeschlossen haben und Ihr Arbeitgeber diese bezahlt (wie üblich), dann prüfen Sie bitte ob neben der Kapitaloption auch die Wahl der lebenslangen Rente möglich ist. Ist dem so, so müssten Sie bei Wahl der Rente nur Krankenversicherungsbeiträge auf diese Rente, nicht aber auf die Kapitalabfindung zahlen.

Entscheiden Sie sich aber das Geld einmalig zu nehmen, bedenken Sie bitte die Beitragspflicht für die gesetzliche Krankenkasse als freiwilliges Mitglied, auch dann, wenn Sie sich später für eine lebenslange Rente entscheiden und diese selbst beitragspflichtig wird.

Bitte beachten Sie auch, das der DANN GÜLTIGE Beitragssatz gilt, Zusatzbeiträge der gesetzlichen Kassen eine Rolle spielen und die Beträge dann deutlich höher sein können, also hier gezeigt.

Hier zeigt sich wieder ein großer Unterschied zwischen pflicht- und freiwillig versicherten Rentnern in der Gesetzlichen Krankenkasse der Rentner, welche auch bei der Frage ob die GKV oder PKV das passende System ist, nicht unberücksichtigt bleiben sollte.

Das –> Urteil im Volltext können Sie im Downloadbereich oder auf der Seite der Justiz Rheinland Pfalz nachlesen.

3 Kommentare

  1. Hallo Herr Henning,

    ich habe ebenfalls seit 1990 eine Direktversicherung wie beschrieben, bin aber in der PKV. Im Alter von 60 soll die Direktversicherung ausgezahlt werden.
    Jetzt bin ich 52 Jahre alt.Ich hoffe, ggf. mit 65 in Rente gehen zu können.
    Ich stelle mir derzeit vor, die Direktversicherung auszahlen zu lassen und selbst anzulegen.
    Frage:
    a)Da ich PKV versichert bin, können mir aus der Auszahlung auch Nachteile erwachsen? Welche?
    b) Da die Direktversicherung vor dem Renteneintritt fällig wird, gibt es hierzu Besonderes zu beachten?
    c) Muss ich die Auszahlung versteuern? oder nur die danach erzielten Kapilalerträge?

    Vielen Dank und Grüße
    Kurt

    • Hallo,

      wir dürfen wir als Makler (zu recht) keinerlei Beratung in individuellen Steuer- oder Rechtsfragen geben. Bitte wenden Sie sich dazu an einen Steuerberater oder Rechtsanwalt. Danke

  2. Sehr geehrter Herr Hennig,

    woher nehmen Sie die Gewissheit, dass während der ersten 10 Jahre für die monatlichen 1/120stel Beträge die GKV-Prozente konstant bleiben und nicht jeweils die aktuellen Prozentsätze zu nehmen sind? Gibt es genau hierzu eine Rechtsprechung?

    MfG

    E. Arle

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