In den letzten Tagen war ich leicht außer Gefecht gesetzt, wer es vielleicht bei twitter oder Facebook mitbekommen hat, der wusste auch warum.
Das war am letzten Donnerstag und weil ich gerade in den letzten Tagen so viele (An-)Fragen bekam, wie es denn war und ob es auszuhalten ist, hier einmal ein etwas anderer Blogbeitrag, weniger vor dem Hintergrund der Versicherung, eher vor dem der Erfahrung.
Nachdem mir nach einer Wurzelbehandlung im letzten Jahr ein Zahn gezogen wurde, war auch die Brücke darauf dann “hin” und so musste eine neue Lösung her. Klar kann man nun eine neue Brücke anfertigen, geht eben über zwei statt einen Zahn. Das Problem hierbei, wie bei allen Kronen und Brücken, es muss ein Zahn kaputt gemacht werden, denn irgendwie muss ja die neue Brücke halten. Dazu wird- laienhaft erklärt- der Zahn angeschliffen und dann die Brücke darauf befestigt. Wer selbst schon eine Brücke hat oder hatte, der kennt das. Irgendwie ist es nie optimal und entweder zu fest, zu lose, Lücke am Zahnfleisch oder was auch immer.
Eine andere Lösung – das Implantat
Entgegen der Brücke oder Krone ist hier kein anderer Zahn zu beschädigen. So wird durch die Verankerung des Implantates eine Art Schraube im Kiefer eingesetzt, dieses geschieht in einer “kleinen Operation” und danach die Wunde wieder vernäht. Das Implantat ist daher- handwerklich- der Dübel der im Kiefer liegt und in welchen nach einigen Wochen der Aufsatz eingeschraubt wird. Durch das einwachsen im Knochen, auch einheilen genannt, ist dieser Teil des Implantates fest im Kiefer verwachsen und sichert den Halt. Dann kann “oben drauf” der Zahn(ersatz) auch als Einzelzahn kommen, so muss hier kein Nachbarzahn beschädigt werden.
Klingt alles ganz plausibel und logisch und so machte ich mich mal auf den Weg zu einem Kieferchirurgen. Direkt nach dem Ziehen eines Zahnes geht das leider nicht, denn die Wunde muss in den meisten Fällen erst verheilen und sich komplett schließen. Zu lange warten sollten Sie aber auch nicht. Wird die Zahnlücke länger “nicht benutzt”, so bildet sich der Knochen zurück, ähnlich einem Muskel der nicht beansprucht wird. Das hatte ich zudem auch noch, allerdings auf der anderen Seite mit einem anderen Zahn, der bisher auch absolut kein Problem darstellte, denn die kleine Lücke fast ganz hinten war eben so. Nun dachte ich aber, wenn ich schon mal dabei bin, lassen wir doch das auch noch einmal ansehen.
Behandlungsplan und los gehts
Also wurde ein Heil- und Kostenplan erstellt. Hierzu ist ein Befund nötig, den der Kieferchirurg in Zusammenarbeit mit dem Zahnarzt erstellt. Hierbei wird dann besprochen und geplant, welche Maßnahmen konkret erforderlich sind und wie die Behandlung ablaufen soll. Genau das passierte bei mir im Januar und sah dann so aus.
Arbeitsteilung – ein Heil- und Kostenplan reicht nicht
Dabei ist zu beachten, nicht alles was mit den Implantaten zusammen passiert, macht auch der Kieferchirurg. Dieser ist für den Knochenaufbau (falls erforderlich), das Einsetzen der Implantate, das spätere Freilegen und den Aufsatz verantwortlich. Der eigentliche “Zahn” der dann auch zu sehen ist, hierfür ist dann der Zahnarzt zuständig, ähnliche einer Brücke oder Krone, welcher dann auch im Labor gefertigt und angepasst wird.
Hier sind die Kosten dann unter anderem davon abhängig, welches Material verwendet wird und was dann genau auf die Implantate drauf kommt.
Aufgrund vieler beruflicher Auslandstermine, Schulferien und anderer beruflicher Termine war nicht wirklich Zeit, so planten wie das Einsetzten der Implantate für den 20.04., also letzte Woche Donnerstag.
“Ich will nix mitkriegen” – die Narkose
Angekommen in der Praxis am “großen Tag”, war noch die Aufklärung und den Anästhesisten erforderlich, der den Eingriff begleitet. Hierzu wurden mir unterschiedliche Möglichkeiten angeboten, je nach Wunsch und “Angstzustand”. Ich kann zwar nicht behauptet wirklich Panik vor einem Zahnarztbesuch zu haben, dennoch bin ich auch nicht böse darüber, wenig von dem ganzen Eingriff mit zu bekommen. Also stellte der Narkosearzt seine Möglichkeiten vor.
- – örtliche Betäubung: die wohl bekannteste Methode. Der Zahnarzt oder hier der Kieferchirurg betäubt die zu behandelnde Stelle mit einer Spritze und so ist diese schmerzunempfindlich. Diese Betäubung hält während der Behandlung an und klingt dann irgendwann wieder ab. Vorteile: kleinste Belastung, Nachteil: der Patient bekommt auch alles mit
- – Dämmerschlaf mit Dormicum (R): Hier wird der Patient in eine Art Dämmerschlaf/ Schlafzustand versetzt. Weiterhin löst das Mittel (zumindest nach Herstellerangaben) eine retrograde Amnesie aus, also einen Zustand des Vergessens. Der Patient erinnert sich nach dem Eingriff nicht mehr, ist aber während der Behandlung ansprechbar und kann auf Anweisungen des Arztes reagieren. Hier gibt es wohl Praxen wo die Zahnärzte das selbst machen, mir war aber die Überwachung durch einen Anästhesisten nicht nur lieber, auch beruhigender. Bei dieser Art von Betäubung (das Mittel wurde über eine Kanüle in die Vene geleitet) muss der Patient nicht beatmet werden.
- – Vollnarkose mit Propofol: Hierbei handelt es sich um die dritte, mir angebotene Methode, die eine klassische Vollnarkose ist. Also eine komplette Betäubung wie diese auch bei anderen Operationen angewandt wird. Dabei wird der Patient beatmet (über einen Tubus in Nase oder Mund).
Ich hatte mich gedanklich recht schnell auf die dritte Option eingerichtet, war ich doch wenig erpicht darauf etwas mit zu bekommen. Nach einem weiteren Gespräch mit Kieferchirurg und Narkosearzt wurde es dann doch die “Dämmerschlafmethode”. Warum? Weil der Kieferchirurg so durch die fehlende Beatmung mehr Platz für die Behandlung im Mundraum hatte und die Beatmung wegfällt. Zudem war es aus seiner Sicht besser, da der Patient zubeissen kann und sich so die Höhe der Implantate besser “einstellen lässt”.
“Ich spritze Ihnen jetzt das Dormicum (R)” – es geht los
Nachdem die Aufklärung erfolgt ist, Narkosefragebögen ausgefüllt worden sind und alle anderen Daten abgeglichen, lag ich auch auf dem Zahnarztstuhl im OP des Kieferchirurgen. Um mich herum der Arzt selbst, Narkosearzt, Schwestern und viele Gerätschaften. Ab dem Satz “Ich spritze…” kann ich mich sodann auch an nichts mehr erinnern. Obwohl ich wach war, mit dem Arzt gesprochen habe und auch auf Kommandos reagiert habe, ich mir nichts in Erinnerung geblieben. Erst als ich im Aufwachraum wieder zu mir kam, ist mir bewusst wieder in meiner Erinnerung vorhanden. Aber selbst Gespräche mit jemandem der mich abholte sind irgendwie nicht mehr ganz da, obwohl ich mich im Auto dann unterhalten habe.
Tag 1 – Meine eigentliche Behandlung begann etwa gegen 12:30 Uhr. Dabei wurden die beiden Implantate im Oberkiefer eingesetzt (Behandlung 1) und im Unterkiefer auf der anderen Seite der Knochenaufbau durchgeführt. Dieser ist dann nötig, wenn der Kiefer zu schmal, zu weich oder nicht tief genug ist und damit nicht ausreicht um ein Implantat mit dem nötigen Halt zu setzen. Daher wird der Knochen mit eigenem Material (aus dem Kieferknochen, aber auch aus dem Beckenknochen ist es möglich) verstärkt. Auch Fremdmaterial ist als Aufbaumittel möglich. Gegen 14 Uhr saß ich in dem Auto und wurde nach Hause gefahren. Noch unter den Folgen der Narkose merkte ich nicht wirklich etwas.
Die erste Tablette des Antibiotikums bekam ich schon in der Praxis, ebenso Schmerzmittel und den Hinweis immer zu kühlen, damit die Schwellungen möglichst nicht zu stark werden. Das tat ich dann auch auch und versuche soviel als möglich zu schlafen. Klappte eher “mittelmäßig”, denn wenn man auf keiner der beiden Seiten richtig liegen kann, ist das so suboptimal. Aber irgendwie ging es und war mit Schmerzmitteln auch auszuhalten, wenn auch nicht schön. Die Seite mit den Implantaten war dabei fast schmerzfrei, nur die Seite mit dem Knochenaufbau war es nicht so wirklich.
Am kommenden Morgen sollte es dann schon etwas besser sein, was es auch war, zumindest kurzfristig.
Tag 2 – Der Freitag, also der erste Tag nach der OP war dann auch größtenteils auszuhalten, also in Kombination mit Schmerzmittel und kühlen Akkupacks. (Kleiner Tipp. Besorgt Euch vorher genug davon, denn es bringt nix wenn ein benutztes noch war ist und im Gefrierfach liegt und dann ewig braucht bis es neu zu benutzen ist.). Die Nächte waren beide Tage übrigens eher weniger gut. Eher schmerzhaft weil man nicht weiss wie man liegen soll und daher immer wieder wach und nächsten Tag nicht wirklich ausgeschlafen. Nachdem die Praxis mehrfach anrief um nachzufragen wie es geht und ob man etwas tun kann, wurde mir auch schon angekündigt “die Schwellungen werden wohl noch etwas mehr, zumindest auf der Seite mit dem Knochenaufbau”.
Tag 3 – das passierte dann auch, denn nun sah ich endgültig aus wie ein Hamster und fühlte mich auch so. Die Schmerzen waren zwar auszuhalten, sah aber sch… aus und fühlte sich auch so an. Also verbrachte ich den Samstag auf der Couch, irgendwann kann man aber nicht mehr liegen und so war dann doch aufstehen auch für den Rücken die bessere Option, aber wie gesagt, alles auszuhalten.
Tag 4 – heute, am Sonntag und damit dem Tag 4 schreibe ich diesen Beitrag. Die eigentliche OP ist nun knapp 40 Stunden her, ich kann wieder einigermaßen Essen, nicht nur Suppe und Flüssiges, und die Schmerzen sind fast weg, auch ohne weitere Medikamente. Damit lösen sich auch Nebenwirkungen wie Bauchschmerzen (die bei Ibuprofen und auch Antibiotikum als “häufig” in den Nebenwirkungen des Beipackzettels stehen) wieder und das Gröbste scheint überstanden zu sein.
So richtig lange sprechen, telefonieren und damit zurück in meine Lieblingstätigkeit die Beratung kann ich morgen wohl noch nicht, aber an den Schreibtisch wohl schon und somit war es rückblickend nicht ganz so schlimm. Im August, nachdem alles verheilt und der Knochen nachgewachsen ist, geht es dann an das Freilegen der Implantate für den Aufsatz und das einzelne Implantat auf der Seite wo der Knochen dann hoffentlich “groß” genug ist.
Kosten der Implantate in der PKV
Folgende Kosten sind derzeit für die Leistungen des Kieferchirurgen angefallen/ geplant.
- Fahrtkosten zur ambulanten Behandlung (Taxi) 63,00 EUR
- Medikamente (Antibiotikum und Schmerzmittel) 65,52 EUR
- Kosten zwei Implantate Oberkiefer 1.566 EUR
- Kosten Knochenaufbau 380 EUR
- Kosten ein Implantat Unterkiefer 653 EUR
- Bohrschablone 300 EUR
- Narkose (geschätzt, reiche ich nach wenn ich die Rechnung habe) 300 EUR
Gesamtkosten 3.227 € für drei Implantate (ohne den Zahnersatz der oben drauf kommt)
Der Aufbau (also alles was auf dem Implantat sitzt und zu sehen ist, schlug weiter für (vorerst) zwei Zähne mit 4.500 € zu Buche.
Wer den Blog schon länger liest, der kennt auch meinen Tarif. Ich bin seit Jahren im Tarif NK der Hallesche Krankenversicherung versichert und die Summenbegrenzungen in den ersten Jahren sind lange vorbei. Daher bekomme ich folgende Erstattung.
Da von den 550 € schon knapp 100 € in 2017 verbraucht wurden (für Zahnärzte, Vorsorge etc.) stehen noch 450 € zu 100% und der Rest zu 75% zur Verfügung. Damit sollte meine Erstattung ungefähr wie folgt aussehen.
3.227 €, davon 450 € zu 100 %
Rest 2.777 € – diese zu 75% = 2.082 €
Gesamterstattung: 2.532 € bei einem Gesamtrechnungsbetrag von 3.227 €, also ca. 78% Erstattung
Im August, wenn dann das Implantat im Oberkiefer komplett eingeheilt ist und der eigentliche Zahn oben drauf kommt, entstehen hier natürlich weitere Kosten, diese ergänze ich hier dann wieder. Das zweite, einzelne Implantat im Unterkiefer wird ja erst im August eingesetzt und muss dann wieder einheilen, der “Zahnaufsatz” kommt dann eher erst ins Jahr 2018 und hat dann wieder 550 € zu 100% als erstattungsfähige Leistung.
Wer den Knochenaufbau nicht benötigt, der kommt also mit Kosten knapp 700 € geringer aus, so liegen die Kosten für ein Implantat dann insgesamt 850 €, in meinem Fall eher bei 1.075 € pro Zahn.
Leistungen für gesetzlich Versicherte
Hier wird nicht nach der Arzt der Versorgung unterschieden, sondern ein Festzuschuss abgerechnet. Das bedeutet vereinfacht, egal ob Sie sich für eine Krone, eine Brücke oder eine andere Versorgung entscheiden, die gesetzliche Kasse zahlt Ihnen immer den identischen Zuschuss.
Nehmen wir den Befund mit zwei fehlenden, begrenzen Zähnen, da vielleicht eine alte Brücke nun kaputt ist und hier (wie bei mir) zwei der Zähne durch Implantate ersetzt werden sollen. Hierbei sollen natürlich nicht noch die angrenzenden Zähne beschädigt werden. In der Übersicht der Festzuschüsse 2017 (LINK) finden sich daher folgende Zuschüsse. (Dabei erhalten Sie 20% mehr bei dem Nachweis von 5 Jahren Bonusheft und 30% bei zehn Jahren).
“Die Festzuschüsse decken 50 Prozent der durchschnittlichen Kosten für eine Standardversorgung ab, die sogenannte Regelversorgung. Das ist der Zahnersatz, der aus medizinischer Sicht erforderlich und ausreichend ist. Für jeden Befund, zum Beispiel “fehlender Eckzahn im Oberkiefer”, ist die Standardversorgung mit Zahnersatz festgelegt.” (Quelle: TKK.de)
Unterstellen wir also einem vorbildlichen Patienten mit Bonusheft über immerhin zehn Jahre, so erhält dieser bei dem fehlenden einen Zahn im Unterkiefer max. 437 €, die beiden fehlenden im Oberkiefer JE LÜCKE maximal 500,57 € aus den oben genannten Gesamtkosten.
Dabei ist hier nur der 2,3fache (Regelhöchstsatz) und nicht der Höchstsatz abgerechnet, was auch an dem Ort und dem Zahnarzt liegt. Während die PKV dann auch für den eigentlichen Zahnersatz auf das Implantat wieder 75/78 oder manche Unternehmen bis zu 90% zahlen, ist die Erstattung der GKV mit dem Festzuschuss erledigt. Daher ist hier ein entsprechender Zahnzusatzschutz unbedingt zu empfehlen, um mich auf vierstelligen Kosten sitzen zu bleiben.
Am Ende ist es eine Erfahrung die man auch nicht haben muss, die aber keinesfalls so schlimm ist, als müsste man Angst davor haben. Alles hin zu bekommen und wer es am Donnerstag machen lässt, der sollte auch mit einem oder zwei Tagen Arbeitsunfähigkeit auskommen.