Post von der Krankenkasse ist meist nur mittelmäßig erfreulich. “Sie sind nun freiwillig versichert” ist aber eine durchaus erfreuliche Nachricht. Daher habe ich auch hier einen alten Beitrag von vor einigen Jahren (siehe alte Kommentare) aktualisiert und diese um die neuen Zahlen ergänzt.
Steigen die Beiträge oder gibt es sonst irgendetwas zu klären? Auch das wären Gründe für eine Post der Krankenkasse. Doch für einige ist die Post im Januar, Februar oder manchmal auch erst im März eine andere, eine die durchaus erfreulich ist. Viele gesetzliche Krankenkassen haben diese Mitteilungen bereits verschickt, andere sind noch mitten dabei und einige wenige vergessen es gern auch einmal ganz. Ihnen wird darin mitgeteilt, dass die bisherige Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse (GKV) endet und diese zu einer freiwilligen Versicherung in der GKV wird.
Sie sind nun freiwillig versichert – Wer bekommt diesen Brief überhaupt?
All diejenigen, welche im Jahr 2020 die Jahresarbeitentgeltgrenze (JAEG) von 62.550 Euro pro Jahr überschritten haben und mit dem erzielten Einkommen auch voraussichtlich über der neuen JEAG für 2021 von 64.350 Euro liegen. Welche Komponenten Ihres Einkommens hier zu berücksichtigen sind habe ich bereits vor einiger Zeit beschrieben.
Lesetipp: Was zählt zur Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG)
Die Einstufung wer freiwillig oder pflichtig versichert ist übernimmt der Arbeitgeber. Dieser ist auch für die Richtigkeit der Meldung verantwortlich. Sind Sie mit der Einstufung nicht einverstanden und glauben hier liegt ein Fehler vor, so sprechen Sie am besten zuerst mit Ihrer Personalabteilung. Erst wenn hier keine Klärung möglich ist, kann die gesetzliche Krankenkasse oder im Zweifel auch die Deutsche Rentenversicherung mit einer so genannten Statusfeststellung verbindlich entscheiden.
Sie sind nun freiwillig versichert – Bin ich jetzt nicht mehr versichert?
Mit dem Wechsel vom Pflicht- zum freiwilligen Mitglied ändert sich einiges, dennoch bleiben Sie weiterhin versichert und stehen zu keinem Zeitpunkt ohne Versicherungsschutz da. Nicht nur durch die bestehende Versicherungspflicht endet der Schutz nie, ohne das ein anderer Versicherungsschutz besteht und nachgewiesen wurde. Dennoch kann es sinnvoll sein, hier tätig zu werden, falls Änderungen sinnvoll und gewünscht sind.
Aber anders als bisher können Sie nun selbst entscheiden, in welchem System Sie versichert sein möchten. Das kann weiterhin die gesetzliche Krankenkasse sein, kann aber ebenso ein passender Tarif in der privaten Krankenversicherung (PKV) sein. Hier gilt es aber zunächst ganz in Ruhe zu überlegen und zu prüfen, ob das System der PKV überhaupt das passende für Sie, Ihre Wünsche und Ihren Bedarf ist. Es gibt weder einen Zwang noch eine Vorgabe jetzt zu wechseln oder zu handeln. Unternehmen Sie nichts, bleibt Ihnen auch weiterhin das Kündigungsrecht zum Ende des übernächsten Monats erhalten und Sie können dieses nutzen.
Lesetipp: Leitfaden zu den Unterschieden der GKV und PKV
Was passiert mit mitversicherten Familienangehörigen?
Hatten Sie bisher neben dem eigenen Versicherungsschutz weitere Familienangehörige im Rahmen der kostenfreien Familienversicherung versichert, so bleibt das auch zunächst weiterhin so, es sei denn Sie ändern etwas daran. Solange die Voraussetzungen des Paragraphen 10 des SGB V erfüllt sind, bleibt alles beim wie bisher. Zu beachten sind aber nun ggf. Änderungen bei den mitversicherten Kindern. Waren oder sind diese in der Familienversicherung kostenfrei versichert, so beachten Sie bitte unbedingt die Gesamtsituation mit beiden Eltern. Denn hier gilt es zu prüfen, wo das Kind zu versichern ist. Durch ein Überschreiten der JAEG ändert sich ggf. der Anspruch auf eine kostenfreie Versicherung, je nachdem wo Sie sich (und wo das zweite Elternteil) versichert ist.
Lesetipp: Beiträge zur Familienversicherung
Muss ich nun in die Private Krankenversicherung wechseln?
Natürlich nicht. Sie müssen zunächst einmal überhaupt nix. Tun Sie nichts und ändern auch nicht, so sind Sie weiterhin bei der bestehenden gesetzlichen Krankenkasse versichert. Nur wenn Sie AKTIV etwas ändern und für sich entscheiden, dass die private Versicherung das richtige, für Sie passende System ist, nur dann ändert sich etwas.
Eine Verpflichtung zur PKV gibt es genau so wenig, wie die unsinnige (aber sich wacker haltende Behauptung) jeder der sich selbstständig machte müsse in die PKV. Viele gehören dort einfach nicht hin.
Lesetipp: Eine private Krankenversicherung muss man sich leisten können und wollen
Gibt es auch Nachteile gegenüber der Pflichtversicherung?
Es gibt Unterschiede zwischen beiden Versicherungsarten und sogar Verschlechterungen, so zum Beispiel in der Elternzeit. Während pflichtig versicherte Mitglieder der GKV beitragsfreien Schutz während der Elternzeit haben, ist das bei freiwilligen Mitgliedern nicht so, klar, verdienen Sie doch nun soviel und können sich die GKV auch dann leisten *Ironiemodus aus*
Lesetipp: Die nicht immer beitragsfreie Versicherung in der Elternzeit
Sie sind nun freiwillig versichert – was passiert mit meiner Karte?
Erstmal gar nichts. Denn: Da die Mitgliedschaft so bleibt, ändert sich auch an der Versichertenkarte zunächst nichts. Viele Kassen bieten Ihnen nun aber Wahltarife an. Dabei handelt es sich um Tarife mit Beitragsrückzahlungen, besonderen Leistungen, Selbstbeteiligungen oder anderen Abweichungen und Vergünstigungen. Bitte aufpassen. Durch den Abschluss eines Wahltarifes binden Sie sich langfristig an die Kasse und können somit nicht mehr so einfach kündigen.
Lesetipp: Wahltarife und die Eingeschränkte Kündigung der GKV
Bevor Sie eine solche Vereinbarung unterschreiben, loten Sie bitte für sich alle Möglichkeiten aus, darunter auch die der PKV, anderer gesetzlicher Kassen und dergleichen, SIE HABEN ZEIT!
Sie sind nun freiwillig versichert – was passiert nun bei meinem Arbeitgeber?
Bisher, also als pflichtversichertes Mitglied, hat der Arbeitgeber Ihnen einen Anteil vom Lohn abgezogen. 7,3% + ZUSATZbeitrag der Kasse + Pflegeversicherung + ggf. Zuschlag PV bei Kinderlosen. Zukünftig zahlt der Arbeitgeber Ihnen einen Zuschuss. Dieser ist begrenzt und orientiert sich immer an den aktuellen Zahlen der JAEG des jeweiligen Jahres.
Auch hier ist es wichtig zu wissen, es gibt mehrere Optionen. In der Regel ändert der Arbeitgeber nichts. Außer die Meldung der freiwilligen Versicherung passiert hier wenig. Die Beiträge werden auch weiterhin von dem Arbeitgeber an die Krankenkasse gezahlt und der Zuschuss direkt verrechnet.
ABER: Sie können auch als Selbstzahler bei der Kasse auftreten. Ist das Ihr Wunsch, dann bekommen Sie den steuerfreien Arbeitgeberzuschuss mit Ihrer Lohnabrechnung mit ausgezahlt und die Krankenkasse wird auch durch Sie direkt bezahlt. Abbuchung oder Überweisung ist Ihre Entscheidung, aber dann zahlt der Arbeitgeber nicht mehr direkt.
Lesetipp: Sozialversicherungswerte und Arbeitgeberzuschuss 2021
Dieser kann im folgenden Jahr also höher und auch niedriger sein (letztes ist in den letzten Jahren nahezu nie passiert, da die Grenze bis zu der die Beiträge berechnet werden (Beitragsbemessungsgrenze) immer angehoben wurde. Aber: Dieser Betrag ist somit veränderbar.
Sie sind nun freiwillig versichert – Gibt es ein Sonderkündigungsrecht?
Ja, dieses allerdings in einer besonderen Form. Generell gilt auch bei freiwillig Versicherten die reguläre, normale Kündigung zum Ende des übernächsten Monats. Kündigen Sie also im Januar noch Ihre GKV (ggf. auch rein vorsorglich)
LESETIPP: GKV ohne Risiko kündigen- Sie riskieren nichts- schaffen sich aber Zeit
so wird die Kündigung zum Ende des übernächsten Monats (März) wirksam und Sie können dann in eine andere Kasse wechseln. Hier ist die Bindungsfrist zu beachten. Sind Sie noch keine 12 Monate (neu in 2021, vorher waren es 18 Monate) bei der bisherigen Kasse versichert, dann ist diese Frist einzuhalten.
ABER: Erhöht die Kasse die Beiträge, also genauer den Zusatzbeitrag, oder führt einen solchen neu ein, so ist auch hier eine besondere Kündigungsfrist zum Monatsende möglich. Also können Sie die Kasse nach der Anpassung zum 1.1. noch bis zum 31.1. verlassen.
Und jetzt kommen wir noch zu dem BESONDEREN KÜNDIGUNGSFRIST bei dem Überschreiten der JAEG. Dieses besteht nur jetzt und nur einmalig. Haben Sie also im Jahr 2020 die Grenze ERSTMALIG überschritten und sind nun zum 1.1. freiwillig versichert, so muss die GKV Sie hierüber schriftlich informieren. Es reicht nicht wenn der Arbeitgeber es Ihnen sagt, die Information muss von der gesetzlichen Krankenkasse erfolgen.
Sie sind nun freiwillig versichert – muss ich nun schnell handeln, oder lieber doch nicht?
Eine Entscheidung über die zukünftige Absicherung gegen Krankheitsfolgen sollte sehr sorgfältig getroffen werden. Ein Haus kauft man ja auch nicht mal „eben schnell“ und genau über solche Summen reden wir auch hier. Schauen Sie sich den Beitrag der GKV an, so sprechen wir über knapp 900 EUR monatlich inkl. Zusatzbeitrag, also über ca. 324.000 Euro in den kommenden 30 Jahren. Bei solchen Summen sollten Sie sich gut und ausführlich Gedanken machen.
Lesetipp: Entscheidung für das passende System in Ruhe treffen
Wenn ich nun wechseln möchte, wie und wann kann ich das tun?
Sollten Sie sich nach ausreichender Beratung, Analyse und Überlegung für einen Wechsel in die private Versicherung entschieden haben, so gibt es auch hier mehrere Möglichkeiten. Haben Sie das Schreiben der GKV im Januar bekommen und möchten Sie nun schnellstmöglich wechseln, so können Sie das nun einmalig und rückwirkend tun. Rückwirkend bedeutet Sie verlassen die GKV zum Beginn des Jahres 2021 und das obwohl die GKV noch nichts davon weiß. Dieses sollten Sie aber nur dann tun, wenn die neue Versicherung klar ist, Tarif und Gesellschaft ausgewählt, Risikoprüfung erfolgt und alle Voraussetzungen erfüllt sind.
Ist dem nicht so und/ oder brauchen Sie einfach noch ein bisschen Bedenkzeit, so kündigen Sie gleichzeitig mit der Austrittserklärung zum 31.3. und wechseln zum 1.4.2021.
Was passiert mit Behandlungen zwischen dem 1. Januar und einem Wechsel?
Sollten im Zeitraum vom 01. Januar bis zur Erklärung des rückwirkenden Austritts Behandlungen, Untersuchungen oder sonstige Leistungen der GKV stattgefunden oder in Anspruch genommen worden sein, so sind diese natürlich zu erstatten. Die Kassen handhaben das unterschiedlich, fordern aber diese Kosten berechtigt zurück.
In der privaten Krankenversicherung können Sie diese aber nicht einreichen, selbst wenn diese den Schutz auf den 1.1. datieren würde, da die kosten dort vor dem eigentlichen Versicherungsbeginn entstanden wären. Daher sollten Sie- wenn es denn Leistungen gab, eher über einen Wechsel zum 1.4. nachdenken und den rückwirkenden Austritt nicht nutzen.
Gibt es beim Krankengeld etwas zu beachten?
Das Krankentagegeld in der PKV oder das Krankengeld in der GKV sind ähnlich, aber in vielen Bereichen unterschiedlich. Wichtig ist es für alle, die (weit) über der Grenze verdienen, sich die Höhe anzuschauen.
Gerade bei höherem Einkommen gibt es dort eine beachtliche Lücke, welche bekannt sein sollte und ggf. angepasst werden muss.
Weitere Infos finden Sie auch unter dem Punkt “Krankengeld” hier auf der Seite. Schnell entstehen hier Lücken von mehreren hundert Euro pro Monat, die im Falle einer längeren Krankschreibung tüchtig ins Geld gehen. Und nein, eine vorhandene Berufsunfähigkeitsversicherung reicht hier leider nicht aus um dieses Risiko zu decken.
Wie finde ich die passende Krankenversicherung?
Wenn Sie sich nun weiter mit dem Thema PKV und GKV beschäftigen möchten und sich einmal Gedanken machen, welche Kriterien IHRE persönliche PKV dann erfüllen soll und muss, dann finden Sie unter folgenden Links weitere Hilfe.
1.) Auswahlkriterien der privaten Krankenversicherung
2.) Leitfaden zur Privaten Krankenversicherung
3.) Kriterienfragebogen zur PKV oder als Interaktiver Onlinefragebogen
Hallo Herr Hennig,
unter dem Punkt “Wie ist das mit dem Arbeitgeber bei freiwillig versicherten?” ist mir was nicht ganz klar. Aus dem nachfolgendem Text bekommt man den Eindruck, dass vorher der AG von der Lohnabrechnung was abzieht (nämlich AN Anteil) und danach einen Zuschuss gewährt. Aber ist es nicht so, dass an der Abrechnung an sich nichts ändert? Der AG zieht doch auch bei freiwilliger gesetzl. Versicherung den AN Beitrag ein und überweist den kompletten AG+AN Beitrag an die GKV. Natürlich ist der AN-Beitrag höher geworden, da man ja auch ein höheres Gehalt hat.
Hallo,
der Artikel ist jetzt zwar Jahre alt und der Kommentar auf den ich mich beziehe auch – aber das kann man pnicht so stehen lassen…
“Der AG zieht doch auch bei freiwilliger gesetzl. Versicherung den AN Beitrag ein und überweist den kompletten AG+AN Beitrag an die GKV. Natürlich ist der AN-Beitrag höher geworden, da man ja auch ein höheres Gehalt hat.”
Anscheinend gibt es da Wahlfreiheit und der AG kann genauso gut sagen “wir zahlen Dir einen Zuschuss (AG-Anteil) und Du bekommst das dann ausgezahlt “.
Dann muss man den ganzen Beitrag (AG-Anteil/Zuschuss + AN-Anteil) _selbst_ an die Krankenkasse überweisen, die den Beitrag dann festlegt…
Guten Tag Hr. Rene,
ja, das geht natürlich auch. Gängige Variante ist es aber nicht. Normalerweise wird die freiwillige Versicherung durch die Kasse mitgeteilt und es bleibt alles so wie es bisher war.
Auch der Beitrag wäre in beiden Varianten gleich.
Richtig ist aber, dass Sie Selbstzahler sein kann und dann den steuerfreien Zuschuss vom AG auf das Netto bekommt und die Kasse den Gesamten Beitrag abbucht
Die KK meinte auch, das das eher selten ist, aber ab und zu vorkommt. 🙂
Mein AG macht das zumindest so wie ichs beschrieben habe.
Ist dann natürlich mit extra Verwaltungsaufwand verbunden…
Deswegen erwähne ich diese Möglichkeit ja explizit, da das auf Leute zukommen kann, die die JAEG überschreiten, googlen und dann u.U. (auch) auf dieser Seite landen :-).
Hallo,
Sie können aber, wenn gewünscht, auch den AG informieren und auf Direktabrechnung umstellen. geht ebenso und ändert ja an den Zahlen nichts.
Ich habe es nochmal ergänzt hier