In der Vergangenheit gab es immer wieder unterschiedliche Urteile und Auffassungen von Richtern, was die Erstattung der Kosten für eine refraktive Operation der Augen (LASIK) betrifft. Während einige Richter nach wie vor der Meinung sind, der Patient könne einfach auch eine Brille tragen, hatte bereits vor mehr als 2 Jahren die Richterin Kessal-Wulf am Bundesgerichtshof in ihrem Aufsatz eine klare Position bezogen.
Demnach ist die Lasik OP durchaus eine medizinisch notwendige Heilbehandlung, da die Brille zwar eine Sehschwäche korrigiert, die Ursache aber nicht beheben kann und somit die Operation die versicherte Leistung ist.
Auch das Landgericht Frankfurt (Oder) korrigierte hier eine Entscheidung der Vorinstanz. Diese hatte zunächst nur Kosten in Höhe von 500 EUR für erstattungsfähig gehalten, hiergegen wendet sich der Versicherungsnehmer mit seiner Berufung.
Während auf meine Intervention schon vor 2 Jahren einige Versicherer eine Leistung nachträglich erbracht hatten, da diese sich nicht auf einen Rechtsstreit einlassen wollten, sind hier die Begründungen des Urteils besonders interessant. Die Richter des Landgerichtes gaben der Berufung vollumfänglich statt und verurteilten den Versicherer zur Erstattung der vollen 4.500 EUR. Zur Begründung führen Sie aus:
1.) Der Kläger unterhielt eine private Krankenversicherung, welche den Ersatz von Aufwendungen für eine Heilbehandlung vorsieht.
2.) Der Kläger war vorliegend krank. Krank im Sinne der Definition ist ein anomaler Körper- oder Geisteszustand, welcher eine nicht ganz unerhebliche Störung körperlicher oder geistiger Funktionen mit sich bringt. (vgl. BGH r+s 1987, 80 =VersR 87, 278f.) Dieses war bei Dioptrienwerten von +4,5 und +2,5 zweifelsfrei erfüllt. Es handelt sich auch nicht um eine Altersweitsichtigkeit, was hierbei eine weitere Rolle spielt.
3.) Die LASIK Operation war auch eine solche (versicherte) Heilbehandlung. Darunter ist jegliche Heilbehandlung zu verstehen, die durch die jeweilige Krankheit verursacht wird und die auf eine Heilung, Besserung oder Linderung abzielt. (st. Rechtssprechung BGH r+s 1996, 457=BGHZ 133, 208 etc.) Eine solche Operation soll dazu führen, die Weitsichtigkeit zu beheben oder zu korrgieren, was hier bei der durchgeführten Operation auch passierte. Nach der OP waren die Werte nur noch bei +1,25 und +1,50)
4.) Weiterhin war die Operation auch medizinisch notwendig, die bisher oft verwendete Argumentation der Versicherer, eine Brille täte es ja auch, greift hier nach Auffassung der Richter nicht und damit schließen sich diese der Auffassung im Aufsatz der BGH Richterin an.
„Es ist nicht Zweck einer Krankenversicherung, Leistungen für subjektiv wünschenswerte, objektiv zur Krankheitsbehandlung aber nicht erforderliche Maßnahmen zu erbringen. Daher müssen objektive Kriterien zur Beurteilung herangezogen werden und der Einzelfall beurteilt werden.”
„Der Zweck des Versicherungsvertrages wäre nicht erreicht, wenn nicht alle aus ärztlicher Sicht vertretbaren Behandlungsschritte abgedeckt wären. (…) Eine Behandlungsmethode ist auch diesen Gründen dann als medizinisch notwendig einzustufen, wenn ihre Anwendung nach den festgestellten objektiven medizinischen Befunden und den Erkenntnissen im Zeitpunkt der Vornahme der ärztlichen Behandlung als medizinisch vertretbar angesehen werden kann.“
Der Versicherer kann also nicht hingehen und die Ablehnung allein damit begründen, dass eine solche OP nicht medizinisch notwenig sei und der Patient auch einfach eine Brille oder Kontaktlinsen tragen muss.
Medizinische Indikation nach den Richtlinien der Kommission für Refraktive Chirurgie (KRC)
Diese Kommission hat auf der Internetseite unter Richtlinien veröffentlicht, nach denen eine operative Behandlung bei bestimmten Diagnosen angezeigt ist. Hierbei spricht diese bei unterschiedlichen Diagnosen von verschiedenen Grenzbereichen. Bei LASIK handelt es sich um ein anerkanntes Verfahren welches für Myopiekorrektur bis -8 dpt, Astigmatismuskorrektur bis 5 dpt und Hyperopiekorrektur bis +3 dpt anwendbar ist. Als Grenzbereich wird die Myopiekorrektur bis -10 dpt, Astigmatismus bis 6 dpt und die Hyperopiekorrektur bis +4 dpt angegeben.
Wer eingangs aufmerksam gelesen hat, wird sich jetzt denken. 4,5 dpt ist ja mehr als der Grenzbereich. Dennoch begründen die Richter das Urteil damit, das nur die erste Stelle for dem Komma relevant sei und es sich um Tolerenzbereiche handelt.
Aber die Brille ist doch günstiger
Auch dieses Argument lassen die Richter in der Urteilsbegründung nicht unkommentiert. Gerade dieser Aspekt spielt aber keine Rolle, da es nicht darum geht, nur die günstigste Behandlung zu versichern, sondern die Behandlung an sich. Der § 1 der Versicherungsbedingungen stellt eben nicht auf die wirtschaftliche Notwendigkeit ab, sondern auf die medizinisch notwenige Heilbehandlung, „deshalb bleiben Kostengesichtspunkte bei der Beurteilung der medizinischen Notwenigkeit grundsätzlich außer Betracht“, so die Richter weiter.
Aber die Rechnung stammt ja nicht vom Arzt
Diese Idee hatte die Central im letzten Jahr bei zwei meiner Kunden. Die Leistungen wurden nach einigen Diskussionen grundsätzlich anerkannt. Dann entdeckte der findige Sachbearbeiter aber ein “Schlupfloch” und lehnte die Erstattung doch ab. Die Begründung war mehr als spitzfindig aber damals nicht zu beanstanden. In vielen Fällen werden die Behandlungsverträge zwar mit dem Operateur geschlossen, die Durchführung findet aber dann oftmals in einem Augenlaserzentrum statt. Dieses ist aber kein niedergelassener Arzt, sondern oftmals eine GmbH. Dieses Schlupfloch nutzte die CENTRAL aus und lehnte daraufhin die Erstattung der (medizinisch nun notwenigen) Behandlung ab. Auch dieses sahen die Richter hier nun anders. Speziell hierzu führen sie in der Urteilsbegründung aus:
„Der Erstattungsanspruch steht auch nicht § 4 II AVB entgegen, wonach die medizinische Leistungen durch einen niedergelassenen approbierten Arzt zu erbringen sind. Denn die LASIK Operation erfolgte durch Dr. med. A. als niedergelassenen und approbierten Arzt.
Unter der Niederlassung eines Arztes wird dabei die öffentlich erkennbare Ausübung des ärztlichen Berufes in eigener Praxis verstanden. Auch in Hinblick auf die Entwicklung der unterschiedlichen Versorgungsarten und Niederlassungen der Ärzte kann allein dieses nicht Grund der Ablehnung einer Leistung sein.”
„Denn angesichts des oben dargelegten Ziels des §4 II AVB (= $4 Abs. 2 MB/KK) würde eine Auslegung, die nicht am Maßstab der Qualitätssicherung, sondern allein an organisationsrechtlichen Maßstäben gemessen wird, schon einer AGB-rechtlichen Kontrolle nicht standhalten. (so zutreffend Voit aaO § 4 MB/KK Rn. 20 m.w.N.).“
Was tun die Versicherer nun?
Doch natürlich wollen auch weiterhin die Unternehmen nicht alle Kosten für solche Behandlungen zahlen. Dabei muss man nun unterscheiden, welche Regelungen in den Versicherungs- und/ oder Tarifbedingungen enthalten sind. Dabei gibt es grundsätzlich zwei Varianten:
1.) keine Regelung in den Tarifen
Aus meiner Sicht ist dieses die leistungsmäßig umfangreichste Lösung. Wenn es keine Beschränkungen gibt (wie in den meisten älteren Tarifwerken), so ist der Versicherer zur Leistung verpflichtet. Vielleicht muss der Kunde diese einklagen, vielleicht muss er dann ein Prozessrisiko tragen, doch die Chancen stehen gut. Nachdem nicht nur die Meinung der Richterin am BGH sondern auch diverse Urteile in die gleiche Richtung gehen, sollte eine Erstattung möglich sein. Dabei sind auch Sondervereinbarungen wie „dafür zahlen wir aber X Jahre keine Brille“ nicht zwingend zu akzeptieren, denn eine Brille kann dennoch nötig werden.
2.) Regelungen zu Höchstgrenzen in den Bedingungen
In neueren Bedingungswerken finden sich zunehmend Regelungen zu der Erstattung der Lasik OP‘s. Das geht von angemessenen 1.500 bis 2.000 EUR pro Auge bis hin zu völlig lächerlichen 260 EUR innerhalb von 24 Monaten, wie sie die Hanse Merkur in ihren neuen Toptarif AZP (Nachfolger vom ASZG) schreibt. Eine solche Regelung hat nur ein Ziel, die Ausgaben zu begrenzen und eine Leistung vorzugaukeln, welche keine echte Leistung ist. Eine betragsmäßige Begrenzung und Nennung in den Bedingungen macht unter Umständen die Diskussion ob es versichert ist überflüssig, begrenzt aber eben die Leistung auch.
Was tun wenn der Versicherer bisher abgelehnt hat?
Ist eine Ablehnung für eine bereits eingereichte Rechnung erfolgt, so muss zunächst geprüft werden, ob schon eine Verjährung eingetreten ist. Rechnungen aus 2011 können jedoch noch zur Erstattung eingereicht werden. Hierbei ist auch zu prüfen, ob eine Beitragsrückerstattung für das jeweilige Jahr gewährt wurde, falls dem so ist sollten Sie Kosten und Nutzen gegenüberstellen.
Falls eine solche Lasik Behandlung geplant ist
Achten Sie darauf, das der Behandlungsvertrag selbst zwingend mit dem Arzt und nicht mit einer GmbH oder einem Lasikzentrum zustande kommt. Wer letztendlich die Abrechnung durchführt und die Rechnung stellt, ist erst danach wichtig. Hierauf haben die Richter in der Begründung ausdrücklich hingewiesen.
„Der behandelnde Arzt wird durch den Behandlungsvertrag mit dem Patienten persönlich verpflichtet und nicht erst um Rahmen eines Angestelltenverhältnisses.“
Dann steht es Ihnen frei den Versicherer vor Behandlungsbeginn um eine Kostenzusage zu bitten, oder die Rechnung im Anschluss (notfalls gerichtlich) geltend zu machen. Grundsätzlich ist in den letzten Jahren sowohl bei den Gerichten, aber auch bei den Versicherern eine Umkehr zu erkennen. Die medizinische Notwenigkeit rückt immer mehr in den Hintergrund und wird zustimmend angenommen. Daher lassen Sie sich von einer ersten „wir zahlen das sowieso nicht, nehmen Sie eine Brille“ Aussage nicht abschrecken.
Weitere Informationen zum Thema:
Urteil 6 a S 1998/11 vom 2. 10. 2012 im Volltext
Lasik und die medizinische Notwendigkeit in der Privaten Krankenversicherung (PKV)
Lasik Operation oder Brille – eine Streitfrage und mal wieder ein Urteil
Central lehnt Lasik Erstattung ab- weil Rechnung vom Augenlaserzentrum statt dem Arzt erstellt wurde