Verdacht auf bösartige Neubildung mit Resektion und Rekonstruktion
In der Vergangenheit habe ich immer mal wieder in unterschiedlichen Beiträgen bestimmte Leistungen aufgegriffen und deren Kosten etwas näher beleuchtet. So haben wir uns zum Beispiel angeschaut, was ein MRT kostet, Auslandsbehandlungen in den USA oder Laborkosten hier in Deutschland betrachtet.
Heute schauen wir uns einen anderen, recht spannenden Fall an. Ein über 70-jähriger Patient stellt irgendwann fest, dass da irgendetwas an seiner inneren Wange ist, was da augenscheinlich nicht hingehört. Um dieses abklären zu lassen, suchte er einen Arzt auf und begibt sich nach dessen Ratschlag in ein Krankenhaus. Nach einer Reihe weitergehender Untersuchungen, Beratungen und bildgebende Diagnostik stellt sich heraus, dass ein Tumor (richtigerweise med. eine Neubildung) operativ entfernt werden muss. Diese Entfernung erfolgt in einem stationären Aufenthalt. Aufgrund der komplizierten Lage an der Innenseite der Wange wird nicht nur die Neubildung entfernt, sondern muss auch gleichzeitig die Lücke wieder geschlossen werden. Im Rahmen einer Rekonstruktion wird somit die Wange wiederhergestellt, damit es möglichst wenige sichtbare Schäden gibt. Nach der Operation im Januar, bei der der Patient 10 Tage im Krankenhaus verbringt, trudeln so nach und nach die Rechnungen ein. Dabei muss unterschieden werden zwischen:
- den Rechnungen für die Anästhesie
- für die bildgebende Diagnostik
- vor- und nachstationäre Untersuchungen
- und natürlich für die Operation selbst.
Neben der Operation und den damit verbundenen Honoraren für die ärztliche Leistung fällt auch die sogenannte Fallpauschale für den stationären Aufenthalt an.
Die Fallpauschale, kurz auch DRG (Diagnosis Related Groups) genannt, gliedert sich dabei in unterschiedliche Bereiche. Neben einem Basiswert kommen weitere Zuschläge hinzu. Hierbei spielen neben der Art der Erkrankung auch weitere Faktoren und begleitende Erkrankungen eine Rolle. Dazu gehören z.Bsp. der Ausbildungszuschlag, ein DRG Zuschlag und ein GBA Zuschlag.
Dazu addieren sich weitere tagesbezogene Pflegeentgelte nach Paragraph 7 Abs. 1 KHEntgG.Wir wollen uns hier in diesem Beitrag ausschließlich die Rechnung für den stationären Aufenthalt anschauen.
War es vor Einführung der Fallpauschalen füher so, dass je nach Abteilung und Krankenhaus ein Tagessatz berechnet wurde, welcher dann mit der Anzahl der Tage multipliziert wurde und zum Rechnungsbetrag führte, ist das heute anders. Die sogenannte Fallpauschale wird abhängig von der Diagnose. Und weiteren Berechnungen Faktoren ermittelt.
In dem folgenden Video wird die DRG Abrechnung anschaulich erklärt.
Dabei spielt es zunächst einmal keine Rolle, ob der Patient einen Tag oder zwanzig Tage mit der Diagnose im Krankenhaus verbringt. Bei den Fallpauschalen werden durchschnittliche Verweildauer angegeben. Bei unserer Diagnose liegt die durchschnittliche Verweildauer zwischen sieben und 20 Tagen, im Mittel bei 19,8 Tagen. Unser Patient hier wurde im Januar aufgenommen und verbrachte dann zehn Tage auf Station. Ebenfalls auf der Rechnung finden wir die Wahlleistung für das Einzelzimmer.
Dabei ist zu beachten, dass diese zusätzlich zur Fallpauschale anfällt. Sind sie gesetzlich versichert und haben keine Zusatzversicherung, so können Sie die Mehrkosten für das Einzelzimmer, aber auch für die Wahlleistung eines Zweibettzimmers auch selbst zahlen. Diese kosten sind gut kalkulierbar, da diese vorab bekannt sind. In unserem Beispiel liegen die Kosten hier im Asklepios Klinikum bei 176 € pro Tag für das Einzelzimmer.
Hätte sich der Versicherte für ein Zweibettzimmer entschieden, so wären 96 € pro Tag zusätzlich zu der Fallpauschale angefallen, bei Unterbringung im Mehrbettzimmer keine weiteren Kosten. Schauen wir uns zunächst einmal die Bezeichnung der Fallpauschale an.
Die Fallpauschale D02A wird angewendet bei der:
„Komplexe Rezeptionen mit Rekonstruktionen an Kopf und Hals mit komplexem Eingriff oder mit Kombination eins Eingriff mit äußerst schweren CC“
Definition „CC“: Complication or Comorbidity (CC) – Definition
Complication or Comorbidity steht für das Vorhandensein von Nebendiagnosen (CC – Complication or Comorbidity), also Krankheiten oder Symptomen, die parallel zur Hauptdiagnose bestehen oder sich während des Verlaufs einer Krankheit entwickeln.
Zunächst einmal wird der sogenannte Basisfallwert zugrunde gelegt. Dieser beträgt hier 3.830 €. Dieser Basiswert wird dann mit der Bewertungsrelation multipliziert, hier sind das 6,272. Insgesamt ergibt sich somit ein :
Rechnungsbetrag für die Fallpauschale von 24.021,76 €.
Zusätzlich kommt das tagesbezogene Pflegeentgelt nach Paragraph 7 KHEntgG hinzu. Dieses beträgt in unserem Fall 219,76 € pro Tag und damit in Summe weitere 2.197,60 €. Kleinere Zusatzpositionen wie der Ausbildungszuschlag (121,73 €) fallen hierbei kaum ins Gewicht. Schauen wir uns nun also die Gesamtrechnung an. (hier sind noch die Kosten für Antigen und PCR Corona Tests an 10 Tagen enthalten, zusammen 387 €).
So beträgt die Krankenhaus Rechnung 28.316,22 €.
Fallpauschale – nicht die einzige Rechnung
Zu beachten ist hierbei jedoch, dass es für die ärztliche Leistung eine wahlärztliche Vereinbarung gab. Diese Leistungen für die Operation und auch die Leistungen für die Anästhesie werden separat in Rechnung gestellt. Laut Auskunft des Versicherten wurden ihm hierfür circa weitere 16.000 € in Summe berechnet. Dabei handelt es sich um die Leistungen der vor- und nachstationären Untersuchungen, der Anästhesie und Überwachung während der Operation, der Durchführung der OP mit allen dort erbrachten ärztlichen Leistungen und entsprechende bildgebende Diagnostik vor und nach der Operation.
Insgesamt hat also ein „kleiner Tumor oder kleine Neubildung an der Innenseite der Wange“
Gesamtkosten in Höhe von circa 44.000 € verursacht.
Das zeigt einmal mehr, wie wichtig ein ausreichender Krankenversicherungschutz ist. Diesen hatte unser Versicherter jedoch nicht. Er hat sich bewusst als Selbstzahler im Krankenhaus angemeldet. Da er keinen deutschen Wohnsitz hat und daher nicht der Krankenversicherungspflicht unterliegt, muss er sich auch nicht versichern. Zum Glück hat sich die Operation als erfolgreich erwiesen und die Neubildung erwies sich nicht als Krebserkrankung. Auch wenn das Ergebnis also grundsätzlich für den Kunden sehr erfreulich ist, sind die Kosten hier doch immens. Vor dem Aufenthalt im Krankenhaus hatte der Kunde schon einmal die ungefähren Kosten abgefragt. Dort wurde ihm ein Betrag von circa 20-25.000 € stationär genannt, der hier für die Fallpauschale grundsätzlich richtig war.
Dieser spiegelt aber die anfallenden Gesamtkosten nicht bzw. nur sehr unzureichend wider. Wenn Sie also nicht gesetzlich krankenversichert sind, achten Sie bei der Auswahl des Versicherungsschutzes unbedingt darauf, dass die Selbstbeteiligung in einem vertretbaren Rahmen bleibt und elementare Leistungen grundsätzlich versichert sind. Auf Wahlleistungen lässt sich im schlimmsten Fall verzichten, auf eine nötige OP nicht.
Interessieren Sie weitere Kosten? Beispiele aus der Praxis oder haben Sie selbst gute oder schlechte Erfahrungen gemacht? Wenn Sie konkrete Anregungen für bestimmte Behandlungen oder ärztliche Leistungen haben, schreiben Sie diese gern in die Kommentare. Nach Möglichkeit greife ich die gern auf.