Nachdem in den letzten Wochen und Monaten mehrere Zeitschriften den “besten”, “tollsten” oder einfach nur “idealen Tarif” in der privaten Krankenversicherung (PKV) gefunden haben, muss nun auch die Zeitschrift “€uro” etwas dazu beitragen.
Der zuständige Redakteur hat aber erst einmal entschieden, wir testen nur Einstiegstarife, das muss für den Wechsler aus der Gesetzlichen Krankenkasse (GKV) wohl reichen. Was genau diese Einstiegstarife (nach Meinung von €uro sind, erfahren wir in einer 3/4 Seite Erläuterungen.
Ich werde dieses Mal nicht wieder jeden Unsinn aus diesem Artikel und diesem Test kommentieren. Dennoch möchte ich Ihnen, wie auch in den letzten Kommentaren und Erläuterungen zu Tests einige Hinweise geben.
Auf Seite 136 der aktuellen Ausgabe 10/2010 der €uro Zeitschrift geht’s los. Dabei wird dem Leser mal wieder das “Schreckgespenst” “Du kannst die wieder in die GKV zurück” erklärt. Die Voraussetzungen, bei denen auch ein bisher privat Krankenversicherter wieder in die gesetzliche Krankenkasse (GKV) muss oder darf sind in dem Sozialgesetzbuch V geregelt. Demnach tritt Versicherungspflicht aus vielfältigen Gründen (Arbeitslosigkeit, EU Rentenbezug, Reduzierung der Arbeitszeit, sinkendes Einkommen) ein. Zu beachten ist aber hier, das die Altersgrenze von “55 Jahren” zu beachten ist.
Aber nun zurück zum “Test”. Warum derjenige, der aus der gesetzlichen Krankenkasse wechselt, sich gerade mit einen “Einstiegstarif” zufrieden geben soll, der zumindest in Teilbereichen, schlechter als die gesetzliche Kasse ist, verstehe ich nicht. Warum will ich mich leistungsseitig verschlechtern? Warum sollte der Versicherte in einen Tarif wechseln, welcher zwar Geld spart, aber im Leistungsfall richtig teuer werden kann?
Es gibt aber in dem Artikel noch einige “fragwürdige” Aussagen:
“Wenn ein Anbieter eines bestimmten PKV Tarifs keine jüngeren Beitragszahler mehr akquirieren kann, “vergreist” der Tarif.”
oder
“Privatversicherte sollten die Höhe Ihres Krankentagegeldes sehr genau ermitteln, da eine zu hohe Absicherung unnötig Geld kostet“
Solche Aussagen, wie die zum Krankengeld, verunsichern nicht nur die Kunden, bewirken gerade genau das, was sie nicht tun sollten. Gerade bei der Absicherung des Krankentagegeldes werden immer noch zu geringe Beträge versichert. Wie hoch ist Ihr Krankengeld? Wissen Sie wie hoch dieses in der GKV ist?
Aber wer “gewinnt” nun diesen Test und welche Kriterien spielen bei der Bildung der Tabelle eine Rolle?
Die Redaktion hat sich für 50 Kriterien “entschieden” und orientiert darin die Rangfolge in der Tabelle. Jedes Kriterium erhält eine eigene Gewichtung und ist vielleicht “frei entschieden”, gewürfelt oder wie auch immer zu Stande gekommen.
Die Arzthonorare im Ausland ( Kriterium Nr. 8 ) ist mit 0,2 bewertet, Vorsorgeuntersuchungen dagegen mit 0,8, orthopädische Schuhe mit 0,1 oder auch der Krankenfahrstuhl mit erstaunlichen 0,2. Nicht nachvollziehbar für mich, sind auch Transportkosten im Inland und auch weltweit mit jeweils 0,1 gewichtet.
Höchste Gewichtungen mit 1,0 erhalten dagegen zum Beispiel die “Entziehungsmaßnahmen“, Geltungsbereich und Erstattungen über der GOÄ.
Zum Glück sind die Gewichtungen transparent und entsprechend abgedruckt. Da kann jeder für sich allein entscheiden, welche der Kriterien wichtig ist und damit einmal sehen, wie unsinnig so eine Testtabelle ist. Nur die Gewichtung steuert hier die Reihenfolge der Tarife.
Erst recht nicht mehr nachvollziehbar ist die Tatsache, dass sich die Tester zwar die “Einstiegstarife” anschauen, nicht jedoch die Optionsrechte und Wechselmöglichkeiten beleuchten. Entscheidend ist der Zieltarif. Wohin kann ich wann und wie wechseln? Wie kann ich meinen Schutz verbessern, in andere Tarife (leistungsfähigere) oder andere Tarifkombinationen und das ohne Wartezeiten und Gesundheitsprüfung?
Bevor Sie also einen der “Testsieger” als besten und tollsten Tarif abschließen, egal ob als Angestellter oder Selbstständiger, beschäftigen Sie sich bitte ausführlich mit den Kriterien, lesen am besten den Leitfaden zu der Privaten Krankenversicherung und machen sich mit den Unterschieden der beiden Systeme vertraut.
Diese sind nicht “einfach so” vergleichen, sondern unterscheiden sich in der Art und Weise der Absicherung, der Abrechnung und vielen anderen Punkten. Und es kann durchaus passieren, das die “PKV nichts für Sie ist.”
Der Wahnsinn nimmt kein Ende! Vor solchen journalistischen “Leistungen” kann man nur warnen!
Sven Hennig ist vom Fach! Sehr guter Artikel! Die Einsteigertarife sind reine Lockangebote. Sie überzeugen nicht nur durch die schwachen Leistungsinhalte, sondern auch durch ein flaches Beitragsprofil. Alterungsrückstellungen auf dem Niveau des Basistarifes! Eine seriöse Tarifpolitik sieht anders aus.
Wie immer ist es gut zu wissen, von Hr. Hennig beraten und in die PKV gebracht worden zu sein. “Da weiß man, was man hat”.
Eine gute Zeit aus NRW