Vor einigen Wochen sorgte eine Studie am Markt und in den Medien für Diskussionen, welche sich mit den Leistungsinhalten der Privaten Krankenversicherung (PKV) beschäftigte und als Fazit Mindestkriterien forderte, welche jeder Tarif einzuhalten haben muss. Da Studien im Moment scheinbar „in“ sind, entweder weil es viel zu analysieren gibt oder vielleicht weil damit die Diskussion geführt und der eigene Bekanntheitsgrad gestärkt werden kann, hat auch die KVPro GmbH eine solche Studie erstellt. Bei dem Unternehmen handelt es sich um einen Anbieter von Vergleichssoftware für die Private Krankenvoll- und Zusatzversicherung, Zielgruppe sind vor allem Versicherer, Makler und Berater.
Nachdem ich Kenntnis von der Studie bekam, fragte ich bei dem Autor ein Exemplar zur Ansicht an, welches mir dann zum (Abwehr-?)Preis von 2.300 EUR netto angeboten wurde. Glücklicherweise waren einige Versicherer bereit, mir eine Kopie zu überlassen. Ich kann und werde die Unternehmen hier nicht nennen, da diese die Studie hätten teilweise nicht weiter geben dürfen, dennoch liegt mir die Studie nun als Kopie vor. Ich kann und werde aber aus Copyrightgründen keine Auszüge oder Screenshots veröffentlichen.
Worum geht es in der Studie?
Die Studie beschäftigt sich, anders als die Studie des Institutes für Microdatenanalyse mit der Beitragsstabilität und Bezahlbarkeit der Beiträge als Rentner. Dabei wurden die Krankenversicherer angefragt, die Prämien von tatsächlich vorhandenen Bestandskunden bekannt zu geben, welche folgende Voraussetzungen erfüllen mussten:
der Bestandskunde muss heute älter als 65 sein
dieser muss mit 29, 39 oder 49 in die PKV eingetreten sein
mindestens 16, 26 od. 36 Jahre versichert sein
Versicherungsschutz muss hochwertig, mind. jedoch GKV orientiert sein
Beitrag mit 65 für einen KT Tarif unter Anwendung der Tarifwechseloption nach §204 VVG
Beitrag im Standardtarif (STN) zum 65. Lebensjahr nach Tarifwechsel
Die Zahlen und Daten wurden dann ausgewertet und in Tabellenform bzw. grafisch aufgearbeitet.
Wer hat „mit gemacht“?
Laut Angaben der Ersteller der Studie haben über 3/4 der Versicherer mitgemacht, welche zusammen 77% der PKV Versicherten repräsentieren. Dabei handelt es sich um die folgenden Unternehmen:
Allianz, Alte Oldenburger, Axa, Barmenia, BBKK/ Union, Concordia, Debeka, DKV, Gothaer, Hallesche, Hanse Merkur, Inter, LKH, LVM, Münchener Verein, Nürnberger, R+V, SDK und die Universa.
Einige Unternehmen haben sich bewusst gegen eine Beteiligung entschieden, Gründe waren hier die fehlende Zeit, da gerade mit Unisextarifen beschäftigt, ein „Nein“ aus geschäftspolitischen Gründen, keine Antwort auf die Anfrage oder zu kurz am Markt, so dass keine Tarife zur Verfügung stehen. Diese Unternehmen sind:
ARAG, Central, Continentale, Dt. Ring, Signal Iduna, DEVK, HUK, PAX, Mannheimer, VGH und die Würtembergische.
Eine Wertung lässt sich aus einer Absage jedoch keinesfalls ableiten, denn jedes Unternehmen kann und wird allein entscheiden, ob man sich beteiligen möchte. Ich hatte bereits vor einigen Jahren einmal angefangen, Bestandskundenbeiträge zu sammeln, auch hier war der Erfolg mäßig, wenn auch sich die Unternehmen damals anders aufgeteilt haben.
Was sagt uns die Studie nun?
Erstmal außer Zahlen nichts. Denn anders als in anderen Studien werden die Produkte, also Versicherungsunternehmen und Tarif nicht namentlich benannt, sondern nur mit Produktnummern versehen. Was diese Geheimnistuerei soll, erschließt sich mir leider nicht und da bin ich letztendlich froh, die Studie nicht gekauft zu haben. Aber zurück zu den Zahlen.
Es wird neben dem Eintrittsalter beim Eintritt in die PKV und die Dauer der Versicherung auch das aktuelle Alter, der Beitrag in dem PKV Tarif und der Beitrag im Standardtarif angegeben. Dabei handelt es sich um einen Tarif, welcher anders als der heutige Basistarif, nur den bestehenden Kunden vor 2009 zur Verfügung steht. Wer danach in die PKV eingetreten oder das Unternehmen gewechselt hat, der kann diesen Tarif nicht nutzen.
Was in der Tabelle nicht zu lesen ist, ist die Frage nach dem Leistungsumfang. Somit bringt die Information zu dem aktuell zu zahlenden PKV Beitrag wenig, lediglich der Beitrag im STN lässt eine Vergleichbarkeit zu. Schauen wir uns einige Beispiele hierzu an:
Ein Kunde welcher mit 55 eingetreten und nun 10 Jahre versichert ist, zahlt in seinem PKV Tarif zwischen 556 und 767 EUR, im STN dagegen zwischen 324 und 385 EUR monatlich.
Ein mit 49 eingetretener Kunde, der heute immerhin 16 Jahre versichert ist, zahlt nach der Studie einen PKV Beitrag welcher sich zwischen 172 und 684 EUR bewegt, würde der Kunde in den STN wechseln, so verändert sich der Beitrag auf eine Breite von 128 bis 378 EUR. Dabei sind Tarife vorhanden, wo der heutige PKV Tarif günstiger ist, als der Standardtarif.
Bei Kunden die mit 39 eingetreten sind und immerhin schon 26 Jahre versichert sind, liegen die PKV Beiträgen nochmals auf einem anderen Niveau. So zahlt dieser Kunde in seinem Tarif zwischen 254 und 639 EUR, nach einem Wechsel in den STN liegen die Bandbreiten zwischen 127 und 371 EUR.
Wer es schon 36 Jahre bei seiner PKV „ausgehalten“ hat, der zahlt in seinem Tarif heute in den Beispielfällen Beiträge zwischen 151 und 620 EUR und nach einem Wechsel dann 86 bis 264 EUR.
Betrachten wir die versicherten Frauen, so weichen die Zahlen hier etwas ab. Daher auch hier zwei Beispiele. Eintritt mit 49, 16 Jahre versichert. PKV Beitrag heute zwischen 115 und 619 EUR, nach einem Wechsel in den Standardtarif dann 230 bis 358 EUR.
Gleicher Fall, nur eben bereits mit 29 eingetreten und daher schon 36 Jahre versichert, dann ist ein Beitrag von 250 bis 557 zu zahlen, nach dem Wechsel dann noch 159 bis 289 EUR.
Und was sagen uns diese vielen Zahlen nun?
Eigentlich nichts. Die Studie zeigt Beiträge der heute Versicherten an, welche mit einem Alter von mind. 65 heute noch in der PKV sind und es lange Jahre waren. Was aber in keiner Weise berücksichtigt wurde, ist die Frage nach den Versicherten Leistungen. Daher ist eine Beitragsspanne von (z.Bsp. Männer, 36 Jahre versichert) zwischen 151 und 620 EUR mehr als nichtssagend, wenn nicht gar irreführend. Wie soll der Laie (aber für den war die Analyse wohl eher eh nicht) eine Aussage hieraus ziehen?
Welche Leistungen und welche Bausteine sind in der Prämie enthalten? Wurde der gesetzliche Zuschlag vom Kunden in 2000 gewählt, oder hat sich der Bestandskunde damals gegen eine zusätzliche Ansparung entschieden?
Die Aussagen für den heutigen PKV Interessenten oder einen bereits Versicherten sind daher aus der Studie heraus nicht verwertbar. Auch der Berater kann hieraus keinerlei Informationen ziehen, zumal auch die Gesellschaften und Tarife nicht genannt sind. Wie immer handelt es sich um Vergangenheitsbetrachtungen, welche keinerlei Wirkung für die Zukunft (selbst wenn es der gleiche Tarif wäre) haben.
Was ist das Fazit der Studie?
Es werden Hinweis gegeben, die zum Beispiel lauten: „Tarifwechsel nicht zu früh durchführen“. Mit einem solchen Hinweis ist aber keinem geholfen. Ob und wann ein solcher Wechsel durchgeführt werden sollte, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Dabei spielen nicht nur die Dauer des Versicherungsschutzes, der Leistungsumfang im bisherigen und zukünftigen Tarif oder das Alter des Kunden eine Rolle. Besonderes Augenmerk sollte auch darauf gelegt werden, welche Leistungen ggf. verzichtbar sind und was zwingend nicht reduziert werden darf. Dieses ist aber nur für den Einzelfall, ggf. auch in Berücksichtigung bestehender Vorerkrankungen und damit zu erwartender Leistungsinanspruchnahme zu klären.
Der Hinweis: „Je später der Tarifwechsel durchgeführt wird, umso höher die gebildeten Altersrückstellungen und umso höher eine Beitragsersparnis für den Kunden.“ ist kein Fazit, sondern ein allseits bekannter Fakt. Wenn ich länger in einen Tarif einzahle, der zudem noch leistungsstark ist, umso mehr Geld muss sich dort aufbauen, welches sich beim Tarifwechsel beitragsmindernd auswirkt.
Auch der Hinweis, dass ein „Versichererwechsel selten eine Option ist“ ist nicht neu. Schon lange schreiben und sagen Berater, dass ein solcher Wechsel meist nur mit Nachteilen zu bekommen ist und erst recht bei lang laufenden Verträgen meist keine Option darstellen kann. Gründe hierzu sind neben der Altersrückstellung auch Fragen wie Gesundheitszustand und Eintrittsalter.
Insgesamt ist die Idee der Studie also ganz nett gedacht und bildet für die Vergangenheit Zahlen ab, diese sind aber weder für den Kunden der bereits versichert ist, noch für den Interessenten in irgendeiner weise nutzbar.
Zudem sei angemerkt, dass nur die Kunden den Standardtarif nutzen können, die so genannte Altverträge (vor 2009) haben. Allen Neueinsteigern danach, steht nur der Basistarif zur Verfügung.
Aber selbst ein Wechsel in den Standardtarif ist oft keine Option, wenn die Leistungen im Alter gebraucht werden. Wer sich bewusst für die PKV entscheidet, nicht um primär Geld zu sparen sondern um mehr Leistung zu versichern, der sollte frühzeitig Rücklagen bilden und die Beiträge im Alter gegen finanzieren. Dieses kann unter anderem durch Beitragsentlastungsmodelle, Riester oder sonstige Sparvorgänge erfolgen. Jedes der Modelle hat Vor- und Nachteile und ist daher individuell zu prüfen und zu überlegen, das wussten wir aber auch schon vor einer solchen Studie.
Eine PKV ist sicherlich sehr teuer. Aber in Bezug auf die Leistungen sehr ich keine bessere Alternative, um eine gute medizinische Behandlung erhalten zu können.