Update. Den neuen Beitrag und das neue, kostenfreie Musterformular finden Sie hier:
“Dann muss die Versicherung erst anfragen.” Diese Aussage ist eine leider immer wieder gern gehörte, wenn Patienten Ihren Arzt nach einer Kopie der Krankenakte fragen. Die ist aber nicht nur falsch, sondern zudem vollkommener Unsinn. Ärzte glauben leider manchmal, sie entscheiden das erst einmal so und viele Patienten lassen das dann “um den lieben Frieden willen” auch einfach so stehen. Leider ist es gerade das, was es nicht unbedingt einfacher macht.
Habe ich einen Anspruch auf eine Kopie meiner Krankenakte?
Ja, es ist keine Großzügigkeit, besonderes Entgegenkommen oder gar eine Serviceleistung für die eine Rechnung folgt. Der Anspruch ergibt sich aus dem Paragraphen 10 der Berufsordnung, dort heisst es genau:
§ 10 Dokumentationspflicht
(1) Ärztinnen und Ärzte haben über die in Ausübung ihres Berufes gemachten Feststellungen und getroffenen Maßnahmen die erforderlichen Aufzeichnungen zu machen. Diese sind nicht nur Gedächtnisstützen für die Ärztin oder den Arzt, sie dienen auch dem Interesse der Patientin oder des Patienten an einer ordnungsgemäßen Dokumentation.(2) Ärztinnen und Ärzte haben Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen grundsätzlich in die sie betreffenden Krankenunterlagen Einsicht zu gewähren; ausgenommen sind diejenigen Teile, welche subjektive Eindrücke oder Wahrnehmungen der Ärztin oder des Arztes enthalten. Auf Verlangen sind der Patientin oder dem Patienten Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.
Falls also Ihr Arzt eine eigene Sicht auf die Dinge hat, ein Blick in die Berufsordnung hilft. Diese steht auf der Internetseite der Bundesärztekammer unter diesem Link zur Berufsordnung zur Verfügung.
Auch für Unterlagen anderer Ärzte, die der (Haus-)Arzt in seiner Akte hat, gilt diese Auskunftspflicht. Natürlich sind Entlassungsberichte auch bei der Klink verfügbar, aber gerade Arztbriefe sind am einfachsten auch beim eigenen Arzt zu bekommen, gleiches gilt für Laborbefunde.
Warum wollen Ärzte oft eine Anfrage der Versicherung?
Stellt eine Versicherung eine Arztanfrage, so bekommt der Versicherer hierfür auch eine Rechnung. Die anrechenbaren Kosten richten sich nach der Gebührenordnung für Ärzte und erstatten dem Arzt den (zusätzlichen) Aufwand, der durch die Beantwortung entsteht. Dabei geht es auch um Kosten für Schreibarbeiten, Kopien, die Tätigkeiten der Arzthelferin und dergleichen. Das ist auch völlig in Ordnung, denn wenn die Versicherung ein Attest möchte, Rückfragen hat oder konkrete Fragen stellt, so muss der Arzt für diese Dienstleistung auch angemessen honoriert werden. Versicherer bieten oft zudem einen “Geschwindigkeitszuschlag” an. Antworten Ärzte innerhalb von X Tagen, so zahlt die Gesellschaft meist mehr. Das soll die Zeit in der eine Anfrage beantwortet wird (was sonst durchaus bei einigen Wochen dauert) verkürzen und den Antragsprozess vereinfachen.
Der Hauptgrund ist also die Bezahlung der Anfrage.
Darf der Arzt dem Patienten Kosten in Rechnung stellen?
Auch hierzu gibt die oben bereits verlinkte Berufsordnung Auskunft. Im Abschnitt drei des Paragraphen 10 heisst es dazu genau:
Auf Verlangen sind der Patientin oder dem Patienten Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.
Die Kosten für eine Kopie sollte allerdings angemessen sein. Ich habe schon Antworten von Ärzten gelesen, die einen Euro pro kopierte DIN A4 Seite wollten, dieses ist nicht nur frech sondern auch einfach unhaltbar. Sollten Ihnen solche Kosten angeboten werden, fragen Sie einmal nach.
Kosten im Rahmen von zehn bis dreißig Cent pro kopierter A4 Seite sollten ausreichen. Auch das Porto, falls Sie die Unterlagen nicht selbst abholen, müssen Sie natürlich erstatten. Das heraussuchen der Unterlagen ist aber nicht mit einer zusätzlichen Gebühr belegt.
Was passiert, falls der Arzt nicht mehr tätig ist?
Hat ein Arzt seine Praxis aufgegeben, muss eine Verwahrung der Unterlagen sicher gestellt werden. Die Aufbewahrungsfrist besteht für zehn Jahre. Ist die Praxis im Rahmen der Übernahme an einen Kollegen gegangen und praktiziert der weiter, so fragen Sie die Unterlagen am besten dort an. Auch diese Regelung zur Aufgabe und zur Verjährung der Ansprüche finden wir, Sie ahnen es schon, in § 10 der Berufsordnung.
(4) Nach Aufgabe der Praxis haben Ärztinnen und Ärzte ihre ärztlichen Aufzeichnungen und Untersuchungsbefunde gemäß Absatz 3 aufzubewahren oder dafür Sorge zu tragen, dass sie in gehörige Obhut gegeben werden. Ärztinnen und Ärzte, denen bei einer Praxisaufgabe oder Praxisübergabe ärztliche Aufzeichnungen über Patientinnen und Patienten in Obhut gegeben werden, müssen diese Aufzeichnungen unter Verschluss halten und dürfen sie nur mit Einwilligung der Patientin oder des Patienten einsehen oder weitergeben.
Also gilt hier: Neuen Arzt nach der Übergabe direkt um die Akte bitten, oder den alten Arzt anschreiben, oder aber Kopien anfordern.
Was kann ich tun, falls der Arzt sich weigert?
Nun, meist hilft der Verweis auf die Berufsordnung. Ärzte kennen die natürlich und wissen auch um die Verpflichtung. Dennoch kommt der Hinweis “dann soll die Versicherung mal anfragen”
Sollte das auch nicht helfen, dann bleibt Ihnen nur die Anfrage an die Ärztekammer. Die entsprechenden Kontaktdaten der zuständigen Landesärztekammern finden Sie hier auf der Seite der Bundesärztekammer.
Dabei reich, wie geschrieben, oft schon der Hinweis.
Gilt eine solche Auskunftspflicht auch für Krankenhäuser?
Ja, denn diese sind auch zu einer Aufbewahrung verpflichtet. Aus Erfahrung hilft hier meist die schriftliche Anfrage an die Aufnahme oder Patientenbetreuung der Klinik und die Zusage, die Kopierkosten zu übernehmen. Natürlich könnten Sie auch versuchen anzurufen, aber hier spielt der Datenschutz eine Rolle. Geben Sie bei der Anfrage ihre persönlichen Daten an, wenn Sie wissen am besten auch noch das Behandlungsdatum, Entlassungsdatum oder/ und die Station auf der Sie waren. Das müssen Sie nicht zwingend, macht aber die Bearbeitung leichter und verhilft Ihnen schneller zu der gewünschten Information.
Musterformular zur Anforderung der Krankenakte
Damit es für Sie etwas einfacher wird, habe ich Ihnen ein Musterformular erstellt. Dieses können Sie sowohl an Krankenhäuser als auch an den Arzt senden. Dort enthalten sind alle nötigen Daten und auch der Hinweis der Kostenübernahme.
Wichtig ist Ihre Unterschrift, nur mit der wird der Arzt oder das Krankenhaus Ihre Daten herausgeben wollen und dürfen. Das Formular finden Sie hier im Downloadbereich zum kostenfreien herunterladen als pdf. Speichern Sie das Dokument lokal ab und klicken Sie dann in die einzelnen Felder, um Ihre persönlichen Daten einzutragen.
Eine Frist zu setzen ist angemessen, dann können Sie hier gleich nachhaken falls nichts passiert.
Und es funktioniert, wie Sie bei dem Kollegen Schlattmeier, der bzw. dessen Kundin dieses Formular auch genutzt hatte.
Und auch wenn es etwas mehr Arbeit für Sie ist, es ist immer besser
- – zu wissen was der Arzt genau antwortet
- – selbst in der Hand zu haben welche Unterlagen wann und wohin gehen
- – selbst eine Kopie aller Anfragen und Unterlagen zu haben
- – und anonyme Voranfragen machen zu können, das wäre mit der Anfrage der Versicherung unmöglich
nochmals vielen Dank wie immer sehr hilfreich
Hallo Herr Hennig,
der Tipp ist super. Habe bisher mit dem § 630g BGB argumentiert. Als zusätzliche Quelle die Berufsordnung der Ärzte anzuführen, ist natürlich auch sehr hilfreich. Siehe auch Artikel in Asscompact vom 06.04.2016. “Wenn die Patientenakte zur Falle wird” Von Björn Thorben M. Jöhnke
Herzliche Grüße
Wolfgang Schmid
Sehr geehrter Herr Hennig,
Facharzt 2 möchte zur Unterstützung seiner Diagnose Unterlagen von Facharzt 1. Letzterer forderte zunächst, dass Facharzt 2 die Unterlagen anfragen müsse. Nach längerer Diskussion kann ich nun die Unterlagen zwar direkt bekommen, soll sie mir aber gegen Vorzeigen meiner KK-Karte in der Praxis abholen. Kann die Praxis das fordern?!?
Ich möchte nämlich, dass mir die Unterlagen zugeschickt werden, vor mir aus auch gegen Erstattung der (Kopier- und Porto)Kosten.
Wie sehen Sie – bzw. das entsprechende Gesetz – das?
Danke für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Katja Spieß
Klare Aussage:
Arzt anschreiben, Fragen mit welcher Rechtsgrundlage er eine Abholung oder gar eine Vorlage der KK Karte verlangt (hat Abrechnungsgründe) und dann darauf hinweisen. Frist setzen, sonst die Kammer anschreiben.
Sehr geehrter Herr Hennig,
meine Mutter ist sehr oft im Krankenhaus. Die obskure Antwort, die ich schon öfter erhalten habe, wenn ich Kopien aus der Akte (während ihres Krankenhausaufenthaltes)bekommen habe war folgende: “Sie dürfen gerne Einblick in die Akte nehmen, aber nichts kopieren. Die Akte ist zwar ihr Eigentum, aber die Daten unterliegen dem Datenschutz”
Meine Rückfrage dazu: “Wen wollen Sie denn schützen?”
Antwort: “Den Patienten”
Meine nächste Rückfrage: “Den Patienten vor seinen eigenen Daten und seinem Eigentum?!”
Dazu muss ich sagen, dass ich zudem eine Vorsorgevollmacht besitze, die auch alle Auskünfte über gesundheitliche Angelegenheiten meiner Mutter mit einschließt. Dies ist den Ärzten auch bekannt und wird vorgelegt.
Fragen nach der Rechtsgrundlage hat mir bisher noch kein Arzt nennen können. Man nimmt mich lediglich als “aggressiv” wahr, wenn ich argumentiere, dass sich die Ärzte gerade selber widersprechen und daher hartnäckig bleibe.
Daher bin ich gespannt, wie die Ärzte auf die von Ihnen zitierte Rechtsgrundlage reagieren werden.
Mit freundlichen Grüßen
Fee Hummes