Nach einer aktuellen Anfrage zu diesem Thema nutze ich das doch gleich mal hier um dieses Thema etwas ausführlicher und für alle zu beschreiben. Die Anfrage auf meiner Facebook Page aus der letzten Woche lautetet:
ich hab da mal ne Frage. angenommen ich würde ZUSÄTZLICH zu meiner selbständigen Tätigkeit eine Tätigkeit im Angestelltenverhältnis aufnehmen, müsste ich dann in die GKV zurück?
Bevor es nun an konkrete Ratschläge und Tipps geht, schauen wir uns erst einmal die generellen Regelungen an. Bestimmte Personengruppen müssen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert werden und sind dort pflichtversichert. Dazu gehören all die Personen, welche im §5 des Sozialgesetzbuches 5 (SGB V) genannt sind und die dort genannten Voraussetzungen erfüllen. Eine große Gruppe solcher Versicherungspflichtiger sind die Arbeitnehmer. Dazu heißt es dort:
§ 5 Versicherungspflicht
(1) Versicherungspflichtig sind
1. Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind,
Wer nun über dieser Grenze (in 2012 liegt die bei 50.850 EUR) verdient, der darf sich selbst aussuchen ob er in dem gesetzlichen oder lieber in dem privaten System versichert werden möchte. Wie im Fall der oben angesprochenen Anfrage gibt es aber auch Mischfälle, wo erst einmal nicht genau klar ist, welches System denn nun zuständig ist.
§ 6 Versicherungsfreiheit
(1) Versicherungsfrei sind
1. Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 übersteigt; Zuschläge, die mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlt werden, bleiben unberücksichtigt,
Die Situation als Selbstständiger:
Wer selbstständig tätig ist, der kann sowohl privat krankenversichert sein, als auch in einer gesetzlichen Krankenkasse als freiwilliges Mitglied bleiben. Eine solche Entscheidung ist ohne berufliche Veränderungen meist dauerhaft und will daher gut überlegt sein. In der Anfrage besteht auch schon eine PKV für den Kunden und nun ändert sich die berufliche Situation.
Was passiert mit Aufnahme einer Angestelltentätigkeit?
Das ist nicht ganz einfach und pauschal zu sagen, denn hierbei sind verschiedene Faktoren zu prüfen. Zunächst einmal löst eine Tätigkeit als Angestellter laut §5 SGB V eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenkasse aus. Das bedeutet in dem Fall die Rückkehr (zwangsweise) in eine gesetzliche Kasse und die Berechnung der Beiträge anhand des Arbeitseinkommens. Damit eine solche Pflicht aber besteht, muss das Bruttoeinkommen größer als 400 EUR monatlich sein, zudem kleiner als 4.237,50 EUR pro Monat (50.850 EUR pro Jahr).
Die Einkünfte aus der (weiter bestehenden) Selbstständigkeit sind in diesem Fall nicht weiter zu berücksichtigen und es findet auch keine Zusammenrechnung statt. Es reicht also nicht aus, 2.500 EUR brutto monatlich als Angestellter zu verdienen und gleichzeitig noch einmal 2.000 EUR mit dem eigenen Unternehmen, dennoch würde hier eine Versicherungspflicht eintreten und Zwangsrückkehr in die GKV nötig.
Welche Tätigkeit überwiegt?
Entscheidend bei der Betrachtung des Status ist aber ein anderer Punkt. Welche der beiden Tätigkeiten ist die Haupttätigkeit, wo wird mehr Zeit verbracht und wo wird welches Einkommen und welcher Anteil am Gesamteinkommen erwirtschaftet? Ist die (neue) Angestelltentätigkeit beispielsweise eine Beratertätigkeit welche mit wenigen Stunden in der Woche erledigt ist, so kann durchaus auch eine Versicherungsfreiheit für die Person eintreten. Wird also in unserem Fall z. Bsp. 2/3 der Woche im eigenen Unternehmen gearbeitet und dort auch der größte Teil des Einkommens erzielt, so tritt durch das neue Angestelltenverhältnis nicht zwangsweise eine Pflicht zur Versicherung in der GKV ein. Das ist jedoch nicht als generelle Aussage zu verstehen.
Wie kann ich sicher sein, richtig versichert zu sein?
Ein weiterer Grund für eine Selbstständigkeit sind Mitarbeiter. Gerade Steuerberater haben oft kreative Ideen mit Anstellung von Familienangehörigen als Minijobber oder dergleichen. Bei solchen besonderen Konstellationen ist eine Rechtssicherheit extrem wichtig. Ein Fehler bei der Entscheidung kann finanziell sehr große Nachteile verursachen und zudem noch eine Versicherung später unmöglich machen. Einen solchen Fall zeigt der Kommentar einer Leserin auf den Beitrag „Aber die Gesetzliche Krankenkasse (GKV) sagt, ich kann zurück in die GKV – welche Folgen bei unrechtmäßiger Rückkehr in die GKV lauern“. Hier ist nicht nur eine Nachzahlung der Beiträge fällig, auch eine rückwirkende Versicherung in der PKV ist nicht mehr möglich.
Eine mögliche Lösung ist die Anfrage an die gesetzliche Krankenkasse. Dabei sollten Sie genau schildern, welcher zeitliche Anteil auf die Selbstständigkeit bisher entfallen ist und wie sich dieser Anteil durch das neue Angestelltendasein ändert. Soweit möglich sind hier auch schon Angaben zur Einkommensveränderung zu machen. Was passiert mit dem Gewinn aus der Selbstständigkeit? Wie wird sich dieser vorr. reduzieren oder steigt dieser durch die Kombination sogar? Wie viel Zeit sind laut Arbeitsvertrag für den neuen Job aufzuwenden?
Statusfeststellung schafft Sicherheit
Eine verbindliche Anfrage und Antwort seitens der gesetzlichen Krankenkasse oder an die Deutsche Rentenversicherung Bund schafft nicht nur Klarheit, sondern auch Rechtssicherheit für die Zukunft und vermeidet späteren Ärger und Nachzahlungen. Wenden Sie sich dazu am besten an die letzte Krankenkasse in der Sie versichert waren. Gibt es eine solche nicht, so empfehle ich eine der großen Kassen wie TKK, DAK oder dergleichen zu wählen, erfahrungsgemäß funktionieren solche verbindlichen Auskünfte dort zügig und unkompliziert.
Weitere Informationen:
Hallo Herr Hennig,
folgender Fall: Alter 58 Jahre und PKV versichert, bisher Selbstständig als Immobilienmakler und werde jatzt für 1500,- Euro Brutto einen Teilzeitjob annehmen. Rückkehr GKV ist ja ausgeschlossen. Welchen Zuschuss erhalte ich vom Arbeitgeber? In Höhe meines Bruttogehaltes oder bis zum Höchstbeitrag, da mein PKV Beitrag über 700,- liegt???
Für Ihre Antwort wäre ich sehr dankbar.
Hallo Herr Hennig, ein exzellener Artikel zum Thema. Vielleicht sollten Sie Ihn noch mit den Tags “Arbeitnehmerüberlassung” oder “(IT-)Zeitarbeit” versehen, damit er leichter gefunden werden kann. Denn da viele große Unternehmen (Siemens, Daimler, Telekom, …) zunehmend auf das Modell der Arbeitnehmerüberlassung setzen (um so dem Verdacht der Scheinselbständigkeit von Freiberuflern aus dem Weg zu gehen), werden diese “vorübergehenden Angestelltenverhältnisse” (für die Dauer eines Projektes) sich sicherlich häufen. Hiermit sind komplizierte Fragen verbunden, zu denen es kaum Antworten im Netz gibt. Danke daher für Ihren hilfreichen Beitrag.