Die Private Krankenversicherung ist, anders als die gesetzliche Krankenkasse, ein Produkt, welches risikogerecht kalkuliert ist. Das passiert schon dadurch, das die Prämien für unterschiedliche Eintrittsalter nicht gleich sind. Weiter wird durch eine Gesundheitsprüfung bei Antragstellung ein Mehrbeitrag erhoben, falls der Kunde zum Beginn der Versicherung nicht gesund ist.
Wozu Risikozuschläge und wie werden diese berechnet?
Die Prämie in der Privaten Krankenversicherung ist, ungeachtet des Eintrittsalters, zunächst einmal für jeden gleich. Da nun aber ein Antragsteller mit Vorerkrankungen mit einer höheren Wahrscheinlichkeit „behaftet ist“, im weiteren Vertragsverlauf höhere Kosten zu verursachen, erhebt der Versicherer hierfür einen „risikogerechten Zuschlag“.
In meinem Beitrag „Warum muss ich einen Risikozuschlag zahlen – ich nehme doch fast keine Medikamente“ habe ich bereits vor einigen Jahren erklärt, warum auch bei offensichtlich unscheinbaren Erkrankungen ein Zuschlag erhoben werden kann. Dieser gleicht zum Beispiel bei einer Allergie nicht nur die Kosten für Medikamente aus (die sind oftmals sehr klein, da nur einmal im Frühjahr und dann oft sogar freiverkäuflich und kostengünstig in der Apotheke beziehbar), sondern auch Kosten für zusätzliche Untersuchungen und Verschlechterungen von Erkrankungsbildern.
Vertrieb wie er (meiner Meinung nach) nicht sein sollte
Zum zweiten Mal in wenigen Wochen erreichte mich gestern eine Mail eines „Maklerbetreuers“, welcher anscheinend ein grandioses Verkaufsargument für seinen Arbeitgeber gefunden hat. Damit es nicht lange zu erklären ist, fand sich in der E-Mail eine „hübsch gestaltete“ Grafik, welche wie folgt aussah.
Ein klick auf die Mail und die Vergrößerung fördert Eigenwilliges zu Tage. Schilddrüsen sind ohne Zuschlag versicherbar? Naja, das will ich auch hoffen, denn sonst müsste ja jeder einen Zuschlag zahlen. Aber Spaß beiseite, natürlich sind hier Erkrankungen der Schilddrüse gemeint. Diese werden gewöhnlich mit einem jodhaltigen Medikament behandelt. Unterstellen wir mal eine einfacherer Form der Erkrankung und Kosten von 10 EUR pro Monat für das Medikament L-Thyroxin, weitere 60 EUR pro Jahr für zweimal Blutkontrollen und noch 20-30 EUR für Arztbesuche.
Insgesamt ergeben sich hier für den „nicht ganz gesunden“ Kunden Kosten von rund 200 EUR, pro Jahr auf die nächsten Jahrzehnte. Auf 30 Jahre fiktiv somit mal mehr als 6.000 EUR, ohne Kostensteigerungen. Und nein, das Argument „das fällt ja unter die Selbstbeteiligung“ ist kein wirkliches Argument, denn damit wird diese eher „genutzt“ und der Versicherer muss für andere Erkrankungen zahlen, die er sonst wegen der Anrechnung der SB nicht hätte zahlen müssen.
Bei Heuschnupfen ist das ähnlich, auch wenn bei vielen die Kosten hier noch etwas kleiner sind, da das Nasenspray oder die Augentropfen vergleichsweise kostengünstig sind, wem es aber schlechter geht der macht was? Richtig! er geht zum Arzt (und verursacht (Mehr-)kosten gegenüber einem gesunden Kunden.
Warum tut ein Versicherer nun so was?
Dabei gibt es einige Erklärungen. Entweder er hat etwas an der Kalkulation nicht verstanden (das wiederum würde ich einem Krankenversicherer nicht unterstellen), er braucht Neukunden (wofür? warum braucht er die?) oder er will unbedingt Kunden mit Vorerkrankungen versichern, was wiederum auch unsinnig wäre.
Die Idee des Maklerbetreuers (oder der Gesellschaft) erschließt sich mir leider nicht, weder aus der Sicht der Neukunden, noch aus der Sicht der Gesellschaft oder der Bestandskunden. Möchte ich als Neukunde zu einer Gesellschaft die nicht risikogerecht kalkuliert? Die mit dem Wissen von Vorerkrankungen bewusst keinen Zuschlag nimmt?
Möchte ich als Bestandskunde das mein Versicherer, mit dem ich lebenslang auskommen will, so reagiert?
Entscheiden muss das sicherlich jeder für sich selbst. Ich finde es jedoch traurig, wenn Kunden oder Vermittler auf solche Art Vertriebsmasche hereinfallen und zudem noch mit „billigen“ Prämien geworben wird- aber entscheiden Sie einfach selbst!
Hier die Antwort der ARAG:
Ich hatte dazu einmal bei der ARAG direkt angefragt, wie es sich mit dieser Kalkulation verhält. Daher hier die Antwort der Gesellschaft und nochmals vielen Dank an Dr. Böhm für die schnelle Auskunft:
Sehr geehrter Herr Hennig,
hier liegt wohl ein Missverständnis vor. Richtig ist, dass die ARAG Krankenversicherung in der Vollversicherung die Möglichkeit bietet, eine Schilddrüsenunterfunktion oder einen Heuschnupfen ohne Risikozuschlag zu versichern – jedoch unter Vereinbarung eines krankheitsbezogenen Selbstbehaltes. Diese Möglichkeit bieten wir seit November 2012 an. Nähere Information hierzu finden Sie in der nachfolgenden Vertriebsnews, die ich Ihnen im Originalton beigefügt habe.
Sollten Sie noch Rückfragen hierzu haben, können Sie gerne auf mich zukommen.
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Neu: Krankheitsbezogener Selbstbehalt in der ARAG Kranken-Vollversicherung
Beitrag aus Vertriebs-News 11/2012
Ab sofort bieten wir im ambulanten Tarif der Krankheitskostenvollversicherung für die Vorerkrankungen
Schilddrüsenunterfunktion
Pollinosis (Heuschnupfen)
als Alternative zum Risikozuschlag einen krankheitsbezogenen Selbstbehalt von jeweils 500 EUR pro Kalenderjahr an.
Ziel eines krankheitsbezogenen Selbstbehaltes ist es, einen risikoerheblichen Bereich, für den ein Beitragszuschlag anfällt, für den Kunden finanziell attraktiv und übersichtlich zu gestalten.
Ein krankheitsbezogener Selbstbehalt gilt zusätzlich zu einem eventuell tariflich vereinbarten Selbstbehalt. Tarifliche Leistungen für die betroffene Erkrankung werden in diesem Modell zuerst auf den krankheitsbezogenen Selbstbehalt angerechnet. Ist dieser erfüllt, werden weitere tarifliche Leistungen für diese Erkrankung auf den tariflichen Selbstbehalt angerechnet.
Ergibt die Risikoprüfung, dass die Vorerkrankungen „Schilddrüsenunterfunktion“ und/oder „Pollinosis“ vorliegen, wird im Fachbereich geprüft, ob ein krankheits-bezogener SB möglich ist. Per Nachbearbeitungsauftrag wird geklärt, ob sich der Kunde für einen Risikozuschlag oder wenn möglich für den krankheitsbezogenen SB entscheidet.
Umfang des Selbstbehaltes
Schilddrüsenunterfunktion
Für erstattungsfähige Behandlungen von Schilddrüsenerkrankungen gilt ab Versicherungsbeginn ein Selbstbehalt von 500 Euro pro Kalenderjahr. Von diesem Selbstbehalt erfasst werden Leistungen von Ärzten und Heilpraktikern sowie Arzneimittel.
Pollinosis (Heuschnupfen)
Für erstattungsfähige Behandlungen von Pollinosis (Heuschnupfen) gilt ab Versicherungsbeginn ein Selbstbehalt von 500 Euro je Kalenderjahr. Von diesem Selbstbehalt erfasst werden Leistungen von Ärzten und Heilpraktikern, Arzneimittel, Testverfahren und die Hyposensibilisierung. Nicht betroffen von dieser Einschränkung ist die Behandlung aller sonstigen Krankheiten der oberen Atemwege.
Durch diese Neuerung können wir Sie im Bereich des Neugeschäftes zur Vollversicherung weiter unterstützen. Bitte sprechen Sie Ihre Kunden im Rahmen des Beratungsgespräches auf diese Möglichkeit an!