Es ist ein immer wiederkehrendes Problem und auch ich habe in der Vergangenheit einiges dazu geschrieben. In den letzten Tagen und Wochen häufen sich wieder Anfragen wie diese:
„Ich überlege daher in die PKV zu wechseln. Jedoch ergibt sich bei mir das Problem, dass ich bis vor einem Jahr eine ambulante Psychotherapie in Anspruch genommen habe.“
Grundsätzlich ist eine pauschale Antwort ob eine Versicherungsmöglichkeit besteht, oder eben eine Ablehnung erfolgen wird, nicht möglich und von verschiedenen Faktoren abhängig, die sehr genau betrachtet werden müssen. Dabei spielt nicht nur die Risikopolitik der jeweiligen Gesellschaft eine Rolle, sondern insbesondere sind vor allen weiteren Prüfungen grundsätzliche Fragen abzuklären.
1.) Wann begann die Behandlung?
Hierbei ist der genaue Zeitpunkt wichtig um zu prüfen wie weit welche Gesundheitsfragen zu beantworten sind und welche Angaben gemacht werden müssen. Wichtiger ist jedoch noch das Ende der Behandlung, siehe Frage weiter unten.
2.) Was war der Auslöser der Behandlung?
Neben plötzlichen tragischen (von außen kommenden) Ereignissen wie Tod eines Angehörigen oder Freundes, Folgen bei Opfern von Straftaten oder schwere Krankheiten in der Familie sind auch andere Auslöser für eine Therapie möglich. Bei den „von innen kommenden Ereignissen“ kann es sich neben Depressionen, Ängsten und Anpassungsstörungen auch um Auslöser wie „Aufarbeitung der Kindheit“ oder „Beziehungsprobleme“ handeln. Weitere Auslöser sind Prüfungsängste oder berufliche Probleme, welche oft im Rahmen eines „Coaching“ behandelt werden und nicht immer als „psychotherapeutische Behandlung“ wahrgenommen werden/ wurden.
3.) Wie viele Sitzungen wurden absolviert?
Die Gesamtzahl der Sitzungen ist genauso entscheidend wie die Intensität der Behandlung. Wurde wöchentlich oder in größeren Abständen behandelt? Wie haben sich die Abstände der Sitzungen während der Behandlung verändert? Gab es nach Abschluss noch weitere Kontrolluntersuchungen bzw. weitere Gespräche um den Erfolg nach einer längeren Therapie zu überprüfen?
3.) Wann endete die Behandlung und wer beendete diese? (wurde die Behandlung abgeschlossen oder abgebrochen?)
Auch hierbei ist nicht der Abbruch der Behandlung von vornherein negativ. Einige Risikoprüfer sehen es durchaus positiv, wenn der Patient während der Sitzungen erkennt, dass eine solche Behandlung für ihn „nichts bringt“, aber dieses ist natürlich auch sehr stark vom Einzelfall abhängig.
Was ist sonst noch zu tun?
Zu einer vernünftig vorbereiteten Risikoprüfung gehören noch einige andere „Aufgaben“, welche Sie vorher erledigen können. Zuerst sollten Sie mit ihrem (ehemaligen) Therapeuten sprechen. Dieser muss neben der Kopie seiner Krankenakte (mit den Behandlungsdaten) vor allem die genauen Diagnosen der Behandlung und im besten Fall auch die ICD Schlüssel liefern. Weiterhin sollte dieser ein ausführliches Attest ausstellen können und hierbei nicht nur die Diagnose aufführen sondern beschreiben, was Anlass, wie der Ablauf und wie der Abschluss der Behandlung war. Wichtig ist dieses insbesondere, dass sich der Risikoprüfer ein genaues Bild von der Diagnose machen kann.
Auch Sie können etwas tun, denn eine ähnliche Beschreibung der Auslöser, Art der Behandlung und des Verlaufes aus Ihrer Sicht helfen ebenfalls für die Einschätzung. Eine gute Aufarbeitung der Informationen entscheidet ggf. darüber, ob es einen angemessenen Versicherungsschutz überhaupt geben kann.
Coaching, Prüfungsvorbereitung etc.
Ein anderes Problem ergibt sich aus Gesprächen und Sitzungen, welche vom Patienten oftmals gar nicht als Behandlung oder Therapie wahrgenommen wurden. Gerade bei Studenten, welche in der Vorbereitung der Prüfung unter großem Druck standen und vielleicht vom Arzt nur eine „Schlaftablette“ haben wollten, nahmen die dann verordnete „Therapie“ nicht als solche wahr. So bieten auch Psychologen oder psychologische Psychotherapeuten eine solche „Prüfungsvorbereitung“ an. Um die nicht selbst bezahlen zu müssen, gehen viele Patienten zum Arzt und lassen sich ein Rezept schreiben. Leider kann diese „Vorbereitungsmaßnahme“ dann später zum k.o. Kriterium bei der Beantragung von Krankenversicherung oder Berufunfähigkeitsabsicherung werden.
Das bedeutet nicht eine solche Maßnahme deshalb zu vermeiden, weil es später hinderlich sein kann, was erforderlich und medizinisch sinnvoll ist, das müssen Sie gemeinsam mit ihrem Arzt entscheiden.
„aber ist habe es doch selbst bezahlt…“
Dieses beliebte Argument, eine Leistung nicht bei der Krankenkasse abgerechnet zu haben und daher nicht angeben zu müssen, hilft leider nicht weiter. Schauen Sie sich einmal die Fragen in den Anträgen genau an. Da steht nichts von „was wurde behandelt und bezahlt“, sondern es wird nach Behandlungen und (teilweise) Beschwerden gefragt. Und auch die Idee „das bekommt doch keiner raus“ sollten Sie ganz schnell wieder vergessen, den eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ist ganz sicher nichts, womit zu spaßen ist und was im Leistungsfall nicht nur zu Problemen, sondern zu kompletten Verweigerung der Leistung oder dem Rücktritt vom Vertrag seitens des Versicherers führen kann. Daher… Lassen Sie es sein!
Versicherer fragen unterschiedliche Zeiträume ab
So gibt es Unternehmen, welche bei der Psychotherapie einen Zeitraum von 10 Jahren in Erfahrung bringen möchten, anderen wiederum reichen 5 oder sogar 3 Jahre. Aber: Wenn in diesem Zeitraum noch weitere Sitzungen oder Gespräche zum Behandlungserfolg vorhanden waren, so sind diese anzugeben und der Versicherer wird dann wohl auch nach der Ursprungsbehandlung fragen, so das auch diese zusätzlichen Fragen zu beantworten sind.
„Dann schließen Sie die Behandlungen doch einfach aus, noch eine Therapie brauche ich nicht“
In den allermeisten Fällen geht das nicht, ist aber auch nicht sinnvoll. Gerade bei psychischen oder psychosomatischen Behandlungen ist es oftmals so, das diese nicht nur eine Ursache, aber auch nicht nur eine Beschwerde zur Folge haben. So machen sich psychosomatische Beschwerden als Magen-, Rücken- oder sonstige Beschwerden bemerkbar und treten in den unterschiedlichen Schmerzen oder Zuständen wie Schlaflosigkeit etc. auf.
Bei einem Ausschluss ist daher nicht klar abgrenzbar was genau denn genau ausgeschlossen ist, daher ist es in der Krankenversicherung ohnehin und auch in anderen Sparten wie der Berufsunfähigkeitsversicherung von den Unternehmen nicht gewünscht und wird schlichtweg nicht angeboten. Ausnahmen gibt es auch hier, aber diese sind sehr rar.
Wenn Sie also in der Situation sind, eine Therapie oder sonstige Behandlung aus der Richtung der psychotherapeutischen oder psychosomatischen Erkrankungen gehabt zu haben, so schauen Sie sich bitte oben nochmals die Fragen an und tragen schon einmal die Unterlagen zusammen.