Eine aktuelle Anfrage, welche mich in den letzten Tagen per Mail erreichte, beantworte ich dann gleich einmal hier und somit für alle nachlesbar. Heute geht es um das Thema “Krankentagegeld” und dort speziell um die Frage der Karenzzeit bei unterschiedlichen Erkrankungen.
Was ist die Karrenzzeit überhaupt?
Die Karenzzeit bezeichnet die Zeit zwischen Beginn der Arbeitsunfähigkeit und des Zahlungsbeginns der Krankentagegeldversicherung. Diese Karrenzzeit ist, je nach Tarif, unterschiedlich und kann bei Abschluss vereinbart werden. Bei Angestellten beginnt die Krankentagegeldzahlung frühestens nach 6 Wochen, die Karrenzzeit beträgt somit 42 Tage. Daher findet sich oft auch in der Bezeichnung des Tarifs eine Zahl hinter der Tarifbezeichnung. KT42 bedeutet somit, dass der Versicherer erst ab dem 43. Tag der Krankschreibung zu einer Leistung verpflichtet ist.
Wer zahlt vorher?
Bei Angestellten ist der Arbeitgeber leistungspflichtig für di ersten 6 Wochen der Krankschreibung. Obwohl der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung krankheitsbedingt nicht mehr erbringen kann, erfolgt die Lohnfortzahlung. Erst nach Ablauf der Frist beginnt der (private oder gesetzliche) Krankenversicherungsschutz mit der Leistung.
Doch nun genug der Vorgeschichte und zu der eigentlichen Kundenfrage:
Ich bin seit mehreren Wochen ununterbrochen wegen Depressionen/Burn-out AU geschrieben. Mein behandelnder Arzt hat jetzt einige Auffälligkeiten bei den Blutwerten entdeckt, die eventuell auf eine andere Ursache (organische Erkrankung mit depressionsähnlichen Symptomen) hinweisen könnten. Angenommen, die Vermutung bestätigt sich und auf dem nächsten Pendelformular steht statt der Depression die organische Erkrankung als Diagnose. Würde die HUK dies zum Anlass nehmen, die KT-Zahlung für 6 Wochen zu verweigern und auf die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers verweisen?
So ganz einfach ist die Frage nicht, da zunächst mehrere Sachen dabei eine Rolle spielen. Als Angestellter ist zunächst einmal zu schauen, wann der Arbeitgeber eine Pflicht zur Lohnfortzahlung hat. Die Regelungen finden sich hierzu im Entgeltfortzahlungsgesetz. Dort heisst es zunächst:
§ 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn
1. er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
2. seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
Doch zurück zur Eingangsfrage des Kunden. Hier stellt sich zunächst einmal die Frage, ob dann die ursprüngliche Diagnose richtig war. Nach dem damaligen Kenntnisstand des Arztes ist dieses ja zunächst zu unterstellen, was sich nun vielleicht zu ändern scheint. Gehen wir davon aus, dass die erste Diagnose zu einer berechtigten Krankschreibung geführt hat, so würde eine neue Krankheit auch eine neue Lohnfortzahlung auslösen. Ist hier aber ein Zusammenhang (medizinischer Natur) festzustellen, so wäre dieses sicher diskussionswürdig.
Doch was passiert mit dem Krankentagegeld?
Der Kunde ist bei der HUK Coburg Krankenversicherung mit der privaten Krankenversicherung und eingeschlossenem Krankentagegeld versichert. Grundlage der Absicherung sind die Bedingungen für die Krankentagegeldversicherung.
Versichert ist der Tarif KT 6, mit einer Zahlung nach 6 Wochen ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit. Ändert sich nun die Diagnose auf eine neue Erkrankung, so beginnt zunächst die Karrenzzeit neu, da ja auch der Arbeitgeber neue Leistungen erbringen muss. Rechnet der AG also die Zeiten berechtigterweise NICHT zusammen und es ist medizinisch begründbar, dass die Erkrankungen unterschiedlich sind, so muss die HUK Coburg hier auch nicht weiter zahlen, sondern darf für die neue Erkrankung eine neue Karrenzzeit annehmen.
In den Bedingungen im §4, 1.1. findet sich eine Regelung die lautet:
Das versicherte Krankentagegeld wird von dem im Tarif festgelegten Zeitpunkt an gezahlt. Der Zeitraum bis dahin ist die Karenzzeit.
Tritt innerhalb von 6 Monaten nach dem Ende einer Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit oder Unfallfolge erneut Arbeitsunfähigkeit ein, so werden die in den letzten 12 Monaten vor Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit nachgewiesenen Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit oder Unfallfolge auf die jeweilige Karenzzeit angerechnet.
Steht die Krankheit, obgleich sie denselben Krankheitsbegriff beinhaltet, in keinem ursächlichen Zusammenhang mit der vorangegangenen, erfolgt keine Anrechnung auf die Karenzzeit.
Was bedeutet das in der Praxis?
Bei der Frage des Kunden würde entweder der AG eine neue 6-wöchige Lohnfortzahlung vornehmen und die HUK Coburg somit berechtigt die neue Karrenzzeit anrechnen, oder es würde (wenn medizinisch ein Zusammenhang und ggf. doch die gleiche Diagnose besteht) von einer Krankheit ausgegangen. Dann führt das zu einer Weiterzahlung des Krankentagegeldes. Eine gemeinsame Leistung schließt sich indes aus. Der Kunde kann nicht (weil der AG es anders sieht z.Bsp.) vom AG eine neue Lohnfortzahlung bekommen und gleichzeitig Krankentagegeld der HUK beziehen.
Weitere Informationen:
Allgemeine Versicherungsbedingungen Krankentagegeld (PDF 104 KByte) (externer Link zur HUK)
Krankentagegeld KT6-52 (PDF 58 KByte) (externer Link zur HUK)