Am Sonntagabend hatte ich es in einem kurzen Beitrag auf meiner Facebook Seite angekündigt und schon die Vermutung geäußert, dass ich mir hiermit sicherlich nicht unbedingt Freunde unter „Kollegen“ mache. Dennoch werde ich ihn schreiben, dennoch werde ich ihn veröffentlichen und hoffe das es sowohl Kunden hilft als auch einige „Berater“ zum nach-/umdenken bringt.
In einer Diskussionsgruppe wurde am Sonntagabend eine Frage gestellt, die sich mit dem Thema private Krankenversicherung beschäftigte. Eine Frage die so nicht nur von Kollegen gestellt wird, sondern die auch häufig von Interessenten und Versicherungsnehmern. Ich habe in den vergangenen Jahren schon öfter zur Auswahl von Tarifen der privaten Krankenversicherung und auch der Berufsunfähigkeitsversicherung geschrieben und eine Frage des Interessenten ob „sein Tarif gut oder schlecht sei“ ist auch mehr als verständlich.
Gibt es den „guten Tarif“?
Eine durchaus berechtigte Frage, denn natürlich möchte der Interessent vor Abschluss eines Vertrages zur Krankenversicherung, vor Abschluss seiner Altersvorsorge oder vor Abschluss der existenziell wichtigen Berufsunfähigkeitsversicherung sichergehen, dass er den bestmöglichen, guten Tarif gewählt hat. Vor diesem Dilemma stehen also nicht nur der Kunde, sondern natürlich auch der Berater. Oftmals macht sich dieser schon Gedanken oder hat aufgrund anderer Vorgaben bestimmte Tarife und Versicherer im Kopf.
Bei der weiteren Auswahl der entsprechenden Tarife oder vielleicht der Benutzung einer Analysesoftware kommen dann vielleicht doch noch einige Fragen und/oder Zweifel und man fragt dann einmal bei Kollegen nach. Es gab also eine kurze Information zum Alter des Interessenten und darüber hinaus zu dem Tarif welchen sich der Kollege überlegt hatte. Am Ende dieses Beitrages stand die Frage:
„Was spricht gegen den Tarif ABC? Leistungen sind ja wirklich gut und auch die Beitragsentwicklung kann sich sehen lassen… Zustimmung oder andere Vorschläge?“
Bei solchen Fragen frage ich mich besorgt wie jemand hierauf eine (auch nur halbwegs vernünftige?) Antwort erwarten kann. Eine solche Antwort ist unmöglich, selbst wenn die Kollegen durchaus gerne helfen und wir sicherlich oftmals untereinander Ratschläge und Tipps geben (können). Anders als bei einem starren Produkt wo ich vielleicht eine Wohnung mit X Quadratmeter, keinerlei Besonderheiten, keinerlei besondere Wertgegenstände und sonst irgendetwas habe und daher eine Frage nach der Hausratversicherung vielleicht noch beantworten kann (auch hier werden wir die spezialisierten Kollegen gleich sagen dass das nicht geht), so ist das speziell in der Personen-/Krankenversicherung einfach unmöglich.
Das ist in etwa so, als träfe ich Sie morgens auf dem Weg zur Arbeit und fragte nur so nebenher, ob denn das neue Automodell des Herstellers XY gut ist. Sie werden vielleicht ein „Fan“ des Herstellers sein, vielleicht sogar selber ein Fahrzeug der Marke fahren und mir begeistert von dem Modell erzählen und das Fahrzeug natürlich gut finden. Das mag auch durchaus so sein und sich anhand einiger technischer Daten und Fakten belegen lassen, dennoch ist die Antwort unsinnig. Nicht weil sie eine falsche Antwort gegeben haben, sondern weil die von mir gestellte Frage schlichtweg falsch war.
Wenn ich als zwanzigjähriger Single frage, dann ist ein tolles, sportliches Cabrio mit zwei Sitzen, einer tollen Lackierung mit Sportausstattung ein tolles und gutes Auto. Es hat ein Lenkrad, es Sitze, zudem einiges an Sicherheitsausstattung und bringt mich mit großer Wahrscheinlichkeit sicher von A nach B. Stelle ich die gleiche Frage als Familienvater mit zwei Kindern, so ist das Auto noch gut, für mich aber völlig ungeeignet.
Genau so ist es in der privaten Krankenversicherung oder bei der Absicherung gegen die finanziellen Folgen von Berufsunfähigkeit auch. Es gibt Tarife die sind grundsätzlich in Ordnung, in Ordnung deshalb weil der Versicherer sich vielleicht beim Schreiben der Bedingungen besondere Mühe gegeben hat, keine schwammigen Formulierungen oder unklaren Aussagen in den Bedingungen hat und der Tarif im Großen und Ganzen „ganz o.k.“ ist. Nehmen wir nun die gleiche Aussage einmal unter der Situation an, dass es sich um einen Beamten, oder jemanden der vielleicht einmal verbeamtet werden kann, handelt, so ist die Empfehlung für genau diesen Tarif (der eben noch “gut” war) vollkommen unsinnig. Es ist vielleicht sogar eine der falschesten Empfehlungen die man dem Kunden geben kann.
Genauso ist auch eine Empfehlung an einen Kollegen für oder gegen einen Tarif schlichtweg unmöglich, wenn ich außer das Alter und die Beschäftigung im öffentlichen Dienst keine weiteren Informationen über den Kunden, seine Bedürfnisse, Auswahlkriterien und vieles mehr habe. Warum wohl dauert eine Beratung bzw. sogar das erste Gespräch zum Thema private Krankenversicherung mehr als 1 Stunde und macht es erforderlich eine Vielzahl an Kriterien zu besprechen, Eventualitäten zu beleuchten und gemeinsam anzuschauen welche Veränderungen in der Zukunft vielleicht schon heute planbar/vorhersehbar sind?
In welchem Tarif sind sie selbst versichert? (Link zum Blogbeitrag mit der Frage)
Auch diese Frage wird durchaus von Interessenten aufgestellt, vor dem Hintergrund „da wo der Berater versichert ist muss es ja gut sein“. Ich habe dazu schon einmal ausführlicher in einem Blogbeitrag etwas geschrieben und schon damals erklärt das die Antwort auf die Frage null Informationskraft hat.
Ob ich bei der Gesellschaft A, B oder C versichert bin und in welchen Tarif ich das bin ist doch für die Entscheidung und Auswahl ihres Tarifes völlig unwichtig. O.k., ich fahre privat einen BMW. Kaufen Sie sich jetzt auch einen? Kaufen Sie das Auto was ihr Autoverkäufer fährt? Kaufen Sie den Pullover welchen der Verkäufer im Kaufhaus trägt?
Natürlich sind diese Vergleiche bewusst überspitzt formuliert, sie sollen ihn aber zeigen dass es keinen allgemein gültigen guten oder schlechten Tarif gibt. Es gibt Tarife und Gesellschaften die in der Kombination auf den einen oder anderen Kunden mehr oder weniger passen. Ein Tarif der wenig Leistungen hat, dazu schwammige Formulierungen und vielleicht eine Gesellschaft die sich nicht unbedingt mit einer zügigen Leistungsabwicklung hervorgetan hat in der Vergangenheit, dafür aber ungemein ich ist, was ist das für ein Tarif? Ist der gut? Ist das schlecht?
Für viele wird genau dieser Tarif und genau diese Gesellschaft schlecht sein. Für jemanden der sich gar nicht versichern will weil er Millionen von Euro auf seinem Konto hat, eigentlich gar keine Versicherung will aber aufgrund der Versicherungspflicht ein haben muss, ist das vielleicht sogar ein Tarif der „gut ist“.
Vergessen Sie solche Fragen bitte jetzt!
Es gibt nicht die gute Gesellschaft, es gibt nicht den guten Tarif, es gibt nur das was auf sie persönlich passt und ihren individuellen Wunsch nach Absicherung deckt.
Die entscheidende Frage (und das gilt nicht nur für den Kunden sondern auch für den Berater) ist doch aber: wie finde ich gemeinsam genau diesen passenden Tarif?
Wenn jetzt hier einer Patentlösung erwarten, muss ich Sie leider schon wieder enttäuschen. Eine solche Lösung kann und wird es nicht geben. Es gibt aber durchaus Lösungsansätze und Wege wie man zu dem passenden Tarif kommt bzw. einen findet der die eigenen Ansprüche bestmöglich erfüllen kann. Nicht nur in der privaten Krankenversicherung, auch bei Fragen zur Altersvorsorge oder bei der Auswahl einer Unfallversicherung sollten Sie sich zunächst einmal darüber Gedanken machen, was genau sie (ver-) absichern möchten. Sie sollten sich anhand von Auswahlkriterien zur privaten Krankenversicherung oder zur Berufsunfähigkeitsversicherung anfordern auf die dort gestellten Fragen überlegen ist es mir wichtig das Leistung A, B und/oder C erfüllt sind oder kann ich mir einzelne Leistungen durchaus allein leisten? Ist es in der Berufsunfähigkeitsversicherung wichtig das mein Produkt erweiterbar ist, dass Erhöhungen möglich sind oder dass es genau bis zum Rentenbeginn eine Rentenzahlung gibt? Oder habe ich vielleicht eigenes Vermögen mit dem ich einige Jahre überbrücken könnte?
Auch wenn Sie all diese Fragen vollständig beantwortet haben/so weit das überhaupt für Sie möglich ist, auch dann kaufen Sie mit einem Produkt immer noch viele, ganz viele Unbekannte mit. Wir wissen alle nicht was ihnen in den nächsten Jahren passiert, wie sich die Kosten entwickeln ob wir vielleicht in einigen Jahrzehnten plötzlich 150 Jahre alt werden oder ob sich viele andere Parameter (die wir nicht beeinflussen können) verändert werden?
Nur wenn Sie das verstehen und für sich begreifen und akzeptieren das es das hundertprozentige ideale Produkt nicht gibt, nur dann werden sie zu einer vernünftigen kommen und nur dann werden sie eine für sich akzeptable Lösung finden.
Denn selbst wenn wir unterstellen es gebe heute das ideale Produkt und sie machen sich Ewigkeiten Gedanken und schieben die Auswahl immer und immer wieder vor sich hin (weil sie keinen Fehler machen wollen), selbst wenn es dieses Produkt gäbe- wer sagt uns das es nicht morgen, nächstes Jahr oder in fünf Jahren ein Produkt gibt was (dann) viel besser passt.
Lesen, verstehen und eine begründete Auswahl treffen
Das genau sind die Kriterien und Schritte die gehen sollten, um ein entsprechendes Produkt zu finden. Beschäftigen sie sich mit Produkten, Aussagen in den Bedingungen, Leistungen und vor allem „nicht-Leistungen“ und setzen sich (auch wenn es vielleicht mühselig und Tod langweilig für sie klingt) mit den Versicherungsbedingungen auseinander. Ja, diese sind schwierig zu verstehen, ja diese sind nicht unbedingt die Lieblingslektüre und ja Versicherungen schreiben Bedingungen aus bestimmten Gründen.
Aber kaufen Sie bitte kein Produkt was sie nicht verstanden haben!
Und an die Kollegen Berater die gleiche Bitte: weder Sie, noch ich, noch irgendjemand anders aus unserer Branche kann alle Produkte und alle Bereiche gleichermaßen (gut) beherrschen. Gerade deshalb ist es wichtig sich untereinander auszutauschen und sich den Rat von Spezialisten und erfahrenen Kollegen einzuholen. Es ist im Übrigen (so finde ich zumindest) auch gar nicht schlimm, peinlich oder sonst etwas, wenn man offen zugibt etwas nicht zu wissen oder nicht auf allen Gebieten etwas zu wissen. Aber bitte haben Sie auch Verständnis dafür, dass ich (und sicherlich auch die meisten anderen Kollegen) zwar gern helfen, aber unmögliche Fragen auch nicht beantworten können (und ich für meinen Teil auch nicht wollen).
Machen Sie es doch wie viele meiner „enger bekannten“ Kollegen und ich. Das Geschäft und die Bereiche die sie nicht vollständig beherrschen geben Sie doch bitte einem ihrer Kollegen. Der Verzicht auf einen Antrag, einen Vertrag oder ein Geschäft und die Aussage gegenüber dem Kunden „wir machen das gemeinsam mit (m)einem Spezialisten oder erfahrenen Kollegen”, diese Aussage wird sie glaubwürdiger und ehrlicher erscheinen lassen als jede andere (und vielleicht falsche) Empfehlung. In diesem Sinne, weiterhin gute Geschäfte!
und hier noch ein kleiner Auszug aus der Diskussion mit einem interessanten Kommentar, den ich Ihnen nicht vorenthalten will… viel Spaß bei den “nicht überlebensfähigen Gymnasiasten”
Ich sage mal rein ketzerisch das man nicht nur Fan eins Tarifs/Gesellschaft xyz sein muss, sondern auch da die besseren Konditionen bei vermittlung erhält
Hallo XYZ,
das mag Ihre Meinung sein, ist jedoch nicht meine zum Thema Beratung. Wie sicherlich/hoffentlich alle meine Kunden bestätigen können, war die Beratung anhand von objektiven Kriterien nachvollziehbar und ist daher sicherlich nicht daran orientiert wo man einen Euro mehr oder weniger an Vergütung erhält. Wenn das jedoch die Grundeinstellung ist, ist der Berater (ungeachtet davon welche es ist) immer die Empfehlung gibt wohl am meisten Geld verdient, dann empfehle ich sich mit der Tarifauswahl allein und ohne Hilfe eines Beraters zu beschäftigen.
Mit dieser Grundeinstellung ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und Beratung nicht möglich, hilft auch keinem weiter.
Sind Sie jetzt ein unabhängiger Makler? Bekommen Sie Provisionen oder werden Sie für die eigentliche Beratungsleistung bezahlt?
Guten Tag Mario,
Vielen Dank für die Frage, hier einige Erklärungen dazu. Im Bereich der Krankenversicherung gibt es derzeit keine flächendeckenden Nettotarife und daher auch keine sinnvolle Honorarberatung für uns Makler. Der Hintergrund ist einfach, würde man ein Honorar berechnen würde der Kunde es zweimal zahlen da es in den Prämien zusätzlich kalkuliert ist.
In der Altersvorsorge und bei Verträgen zur Berufsunfähigkeit ist das etwas anders, hier lassen sich Nettotarif erwählen und die Beratungsleistung in Form eines Honorars berechnen. Ob und in welcher Form das sinnvoll ist, ist jedoch von dem Einzelfall abhängig und pauschal nicht zu sagen.
Zur Frage der Unabhängigkeit:
Ich, wie auch meine Kollegen haften als Makler für die Aussagen die wir treffen. Auf der anderen Seite sollte der Kunde verstehen warum ein Berater eine Empfehlung gibt, und diese nicht nur nachvollziehen können sein auch hinter der Entscheidung stehen. Es bringt daher gar nichts wenn ein Makler/Berater/Vertreter egal ob er mit einem Honorar bezahlt wird oder als Courtage eine Empfehlung gibt. Denn diese wird nicht unabhängige dadurch dass ein Honorar bekommt. Auf der anderen Seite kann ich die Angst einiger Kunden nachvollziehen das Ihnen bestimmte Tarife nicht angeboten werden wenn der Makler/Berater/Vertreter vielleicht dort nicht das „optimale“ Honorar bekommt. Sie als Kunde können das dadurch steuern dass sie nach bestimmten Tarifen oder Gesellschaften Fragen und sich das für und Wider der jeweiligen Tarife erklären lassen und die Auswahl des Beraters begründet wird.
Eine hundertprozentige Sicherheit wird es weder bei einer Vergütung nach einem Honorarmodell, noch bei einer Courtagen geben. Wenn Sie weitere Fragen haben fragen Sie gern.
Hallo Herr Hennig,
meine Aussage war sehr pauschal und nicht auf Sie ausgerichtet.
Aus der Erfahrung heraus ( wenn man gutverdienender Angestellter ist und sich auch noch BU und PKV leisten will)und 2-3 Vermittler aufsucht erkennt man schon das der ein oder andere Vermittler seine “Lieblingsgesellschaften” hat.
Die meisten haben die selbe Anaylsesoftware und dennoch werden unterscheidliche Gsellschaften empfohlen. Interessant dabei ist das eine BU genau aus dem selben “PKV-Haus” kommen soll.
Da fühlt man sich nicht in der Beratung wohl…..
Gruß
Hallo xyz,
Genau das ist eben sinnvoll.
Stichwort: KT-BU-Übergangsregeln.