Warum ein Antrag für alle Gesellschaften eher schadet und wenig hilfreich ist bei der PKV Beantragung
Wer eine private Krankenversicherung beantragen möchte, der kennt das. In den Anträgen der einzelnen Gesellschaften finden sich umfangreiche Gesundheitsfragen. Und jede Gesellschaft stellt hier spezielle Anforderungen. Der Einheitsantrag PKV soll hier Abhilfe schaffen, doch gelingt das auch?
Die einen Gesellschaften fragen (auch) nach Beschwerden, die anderen wollen nur etwas von Behandlungen wissen. Daneben folgen ganz viele unterschiedliche Abfragezeiträume. Wer jedoch noch gar nicht final weiß, welcher Tarif und welcher Versicherer auf ihn passt, der entscheidet sich zunächst für anonyme Risikovoranfragen. Wie diese genau funktionieren und warum diese so wichtig sind, habe ich in meinem Artikel aus der letzten Woche ausführlich beschrieben.
Dort finden Sie auch ein entsprechendes Musterformular, mit dem Sie. Ihre Gesundheitsangaben detailliert aufbereiten können. Die nötigen Daten und Angaben dafür finden Sie mit Auszügen Ihrer Patientenquittung und der Krankenakte, welche ich ebenfalls in diversen Beiträgen beschrieben habe.
Doch zurück zu dem Einheitsantrag. Wer einen Antrag oder eine Risikovoranfrage stellen möchte, um erst einmal zu prüfen, wie und zu welchen Konditionen der Versicherer Sie versichern möchte, der muss mehrere Anträge ausfüllen. Jede Gesellschaft hat eigene Gesundheitsfragen und fragt unterschiedliche Zeiträume ab.
Um dem Berater und auch dem Antragsteller nun Arbeit zu ersparen, haben sich einige Vertriebsgesellschaften und Maklerpools auf die Fahnen geschrieben, einen Einheitsantrag zu entwerfen. Dieses wird oftmals als die schnelle und unkomplizierte Lösung für alle Anträge in der privaten Krankenversicherung propagiert. Der Hintergrund dieses Einheitsantrages.
Die Gesellschaften stimmen zu, dass sie nicht ihr eigenes Formular, sondern dieses allgemeine Formular für die Antragstellung akzeptieren. Das Problem mit unterschiedlichen Abfragezeiträumen und unterschiedlichen Gesundheitsfragen bleibt jedoch generell bestehen. Dieses soll damit gelöst werden, dass die Gesundheitsfragen länger werden im Einheitsantrag und dort spezielle Fragen und Erweiterungen nur bei bestimmten Gesellschaften gelten. Auf dem folgenden Screenshot sehen wir einen Auszug aus einem solchen Einheitsantrag.
Schauen wir uns als Beispiel die Frage Nummer 2 an.
Bestanden in den letzten drei Jahren oder bestehen zurzeit Krankheiten, Beschwerden, chronische Leiden, Bestanden in den letzten 3 Jahren oder bestehen zur Zeit Krankheiten, Beschwerden, chronische Leiden, Unfallfolgen, Einschränkungen organischer, körperlicher oder geistiger Art (auch wenn sie nicht behandelt wurden) oder Pflegebedürftigkeit?
Auszug aus dem Antrag der Fondsfinanz, Einheitsantrag PKV 2022
So weit ist die Frage auch für den Laien noch relativ gut zu verstehen. Doch nun kommen die Ergänzungen. Es werden eine Reihe von Gesellschaften aufgezählt. Wo weitere Abfragen gemacht werden müssen.
Württembergische: auch Körperimplantate/Prothesen; bei Württembergische die letzten 5 Jahre; bei DKV Leistungen aus privater/sozialer Pflegeversicherung beantragt o. Antrag beabsichtigt; bei R+V auch Untersuchungen des Gehirns oder Nervensystems oder wegen einer Krebs- oder Tumorerkrankung die letzten 10 Jahre)
Auszug aus dem Antrag der Fondsfinanz, Einheitsantrag PKV 2022, Ergänzungen zur Frage 2
So möchte die Allianz und die ARAG zum Beispiel auch wissen, ob Körperimplantate oder Prothesen bestehen. Die Württembergische möchte nicht nur die letzten drei, sondern gar fünf Jahre wissen. Bei der R+V sind auch Untersuchungen des Gehirns oder Nervensystems oder wegen einer Krebserkrankung der letzten zehn Jahre relevant. Diese speziellen Ergänzungen zu den jeweiligen Gesundheitsfragen ziehen sich also durch die kompletten Fragen.
Einheitsantrag PKV – Wird es dadurch wirklich einfacher?
Wenn Sie sich die Fragen im Einheitsantrag genauer durchlesen, dann stellt sich die berechtigte Frage, ob es dadurch wirklich zu einer Vereinfachung kommt. Dabei sind zwei Szenarien zu beachten. Das erste Szenario. Wir nutzen die Gesundheitsfragen aus dem Einheitsantrag für eine anonyme Risikovoranfrage. Wollen wir zum Beispiel die Gesellschaften Allianz, Continentale, R+V und vielleicht noch einige mehr gemeinsam anfragen, so müssen wir in dem Antrag entsprechende Angaben machen. Dabei sind zum Beispiel (hier bei den Krebsbehandlung der R+V Gesundheitsfragen) Angaben zu machen, die bei den anderen Versicherern so über die drei Jahre hinaus nicht zu machen wären. Sie geben also, schon in der Risikovoranfrage, dem Versicherer mehr Informationen, als sie eigentlich müssten. Das muss nicht sein, kann aber zu einer schlechteren Risikoeinschätzung führen. Am Ende haben sie sich das Ausfüllen von vier unterschiedlichen Anträgen gespart. Damit aber unter Umständen eine deutlich schlechtere Entscheidung in der Risikoprüfung bekommen.
Dieses „zu viel Informationen geben” setzt sich auch bei den anderen Fragen weiter fort. Mit dem Einheitsantrag müssen Sie immer die Fragen maximal beantworten, mit all den Informationen, welche die (umfassend fragende) Gesellschaft erfragt. So kann es also durchaus sein, dass sie nicht erforderliche Angaben machen, welche bei einem Formular der eigenen Gesellschaft gar nicht anzugeben wären. Der Risikoprüfer hingegen wird auch die Angaben verwerten, welche er durch den Einheitsantrag bekommt.
Einheitsantrag PKV – genutzt wird alles, was bekannt ist
Genau so passiert es in der Praxis auch, falls Sie eine gemeinsame Anlage zu einem Antrag für verschiedene Gesellschaften verwenden. Klar, Sie brauchen nur eine Tabelle ausfüllen, spart Zeit. Aber: Fragt eine Gesellschaft zum Beispiel fünf Jahre, während die andere nur die letzten drei Jahre erfragt und sie liefern Informationen zu Untersuchungen im Jahr vier oder fünf, so wird der Risikoprüfer diese Informationen bei seiner Einschätzung berücksichtigen.
Einheitsantrag -die Gefahr, etwas zu vergessen oder zu verwechseln
Schon die normalen Gesundheitsfragen in den Anträgen der Versicherer müssen genau gelesen werden und im Detail verstanden. Das gelingt, wenn Sie sich mit einem Berater direkt mit den Gesundheitsfragen und den Hintergründen der Fragestellung auseinandersetzen. Wenn wir uns aber nun die Fragen aus dem Einheitsantrag anschauen, dann macht es die Beantwortung deutlich komplizierter. Nehmen wir als Beispiel die Frage fünf.
Wurde in den letzten 5 Jahren eine psychologische, psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung, Untersuchung, Beratung oder eine Suchtbehandlung angeraten oder durchgeführt, bzw. ist eine solche beabsichtigt? (bei AXA/DBV Tarif ActiveMe: die letzten 8 Jahre; bei ARAG, Barmenia, BK/UKV, HALLESCHE, Inter, Nürnberger, R+V, SDK, SIGNAL IDUNA, uniVersa und Württembergische die letzten 10 Jahre)
Auszug aus dem Antrag der Fondsfinanz, Einheitsantrag PKV 2022, Frage 5
Dort wird nach psychologisch, psychotherapeutisch oder psychiatrischen Behandlungen Untersuchungen, Beratungen oder einer Suchtbehandlung gefragt. Ist sie angeraten, wurde sie durchgeführt oder ist sie beabsichtigt? Gleich danach folgt die Erweiterung, denn bei der AXA sind es acht Jahre. Andere Gesellschaften wollen zehn Jahre Abfragezeitraum. Wieder andere stellen in ihren eigenen Anträgen eine ganz andere Frage. Nehmen wir auch hier wieder die eigene Frage aus dem Antrag der ARAG Krankenversicherung als Beispiel. Im Originalantrag wird unter. 9 gefragt:
Wurde Ihnen in den letzten zehn Jahren eine psychotherapeutische Behandlung angeraten oder wurde bei Ihnen eine durchgeführt bzw. ist eine solche beabsichtigt?
Auszug aus dem Antrag der ARAG (Original, 2022)
Die Frage unterscheidet sich schon ganz deutlich von der Frage im Einheitsantrag. Während die ARAG in ihrem eigenen Antrag nur nach psychotherapeutischen Behandlungen fragt, ist die Frage im Einheitsantrag ausgedehnt auf psychologische und psychiatrische Behandlungen, Untersuchungen, Beratungen oder Suchterkrankungen. Auch hier sehen wir sehr deutlich, mit dem Einheitsantrag geben wir deutlich mehr Informationen preis, als wir das bei dem normalen Antrag der Gesellschaft hätten tun müssen.
Bevor Sie also so einen Einheitsantrag als schnelle und einfache Lösung verwenden, um sich damit das Ausfüllen mehrerer Formulare zu ersparen, denken Sie bitte über die Konsequenzen nach. Bei einem (hoffentlich) lebenslangen Vertrag, sollte es nicht am Ausfüllen einiger Formulare scheitern, oder? Wenn Ihnen ein Berater den Einheitsantrag als „ Allheilmittel” anpreisen möchte, hinterfragen Sie durchaus den Sinn und Zweck. In den meisten Fällen ist es sinnvoller, die Originalformulare der Gesellschaften auch für eine anonyme Risikovoranfrage und gerade auch die spätere Antragstellung zu verwenden. Dann haben Sie nur die Angaben zu machen, welche die Gesellschaft in Ihrem eigenen Originalformular zwingend vorschreibt und verlangt und damit alle Informationen in dem gebotenen Umfang gegeben, aber eben auch nicht mehr.
Durch die Herausgabe von Informationen, nach denen die Gesellschaft nicht gefragt hat, verschlechtert sich Ihre Risikoeinschätzung. Sie zahlen einen Risikozuschlag für etwas, was Sie hätten vermeiden können. Gleiches gilt auch für die Risikovoranfragen. Auch hierfür gibt es bei Maklerportalen oder Vertriebsgesellschaften entsprechende allgemeine Anfrageformulare. Auch hier ergibt sich ein erhöhtes Risiko, denn die Angaben aus der Risikovoranfrage sind nicht zwingend deckungsgleich mit den später gestellten Fragen im Antrag. Warum auch automatisierte Tools nur bedingt taugen, habe ich in meinem Beitrag zur “automatisierten Risikoprüfung in der BU” beschrieben.
So kann auch bei einer bereits erfolgten Risikovoranfrage die Entscheidung während der späteren Antragstellung anders aussehen, falls der Antragsteller Angaben ergänzen muss. Aus diesem Grunde sollten Sie den Einheitsantrag nur dann nutzen, wenn Sie die Fragen, aufgrund fehlender Behandlungen oder Beschwerden sowieso vollständig mit Nein beantworten können. In allen anderen Fällen, wo es gesundheitliche Vorerkrankungen, Beschwerden und Behandlungen gibt oder vielleicht Behandlungen angeraten sind, verwenden Sie bitte ausschließlich die Originalformulare und sichern sich somit die bestmögliche Einstufung.
Krankenakte und Patientenquittung unerlässlich
Bevor Sie all diese Angaben überhaupt tätigen können, schauen Sie sich die folgenden Beiträge zur Krankenakte genauer an. Hier habe ich ausführlich und detailliert beschrieben, wie Sie an die entsprechenden Informationen über Ihren Gesundheitszustand kommen. Weiterhin finden Sie dort Musterformulare und Musterschreiben, um sich an Ihren Arzt, die Krankenkasse, das Krankenhaus oder die Ärztekammer zu werden zu wenden und die entsprechenden Informationen zu besorgen.
Danach bereiten Sie diese für jede Voranfrage gezielt auf und nutzen, wenn gewünscht, gern diese Tabelle.
Den vollständigen Einheitsantrag PKV finden Sie zur Ansicht und im Download bei den Antragsunterlagen oder hier.