Lange habe ich überlegt ob ich überhaupt noch etwas zu dem Artikel schreibe, haben doch einige meiner Kollegen dieses bereits getan und die Schwächen des Artikels beleuchtet. Dennoch ist es meiner Meinung nach wichtig, sich die Essenz des Artikels anzusehen und einmal zu hinterfragen, warum diese Empfehlungen dort herausgekommen sind. Warum wurde bestimmte Unternehmen Testsieger, wo Sie doch nachweislich schlechtere Bedingungen haben als andere.
Was hat Finanztest genau bewertet?
Im Helft auf Seite 63 schreibt Finanztest über die Auswahl der Kriterien und deren Gewichtung im Test. Dort finden wir die prozentuale Verteilung, die lautet: 10% sind auf das Endalter und die versicherbaren Berufe entfallen, 20% auf die Anträge und 70% auf die Bedingungen. Das ist grundsätzlich gar nicht mal schlecht, denn die Bedingungen sind das entscheidende Kriterium. Nur wenn die Versicherungsbedingungen (AVB) sauber und klar formuliert sind, keinen Auslegungsspielraum bieten, so kann der Versicherte eine fundierte und richtige Leistungsentscheidung erwarten. Gibt es hingegen Formulierungen die „so oder so“ ausgelegt werden können, wird sich jeder (Versicherer und Versicherter) die für sich beste heraussuchen und Streit ist somit vorprogrammiert.
Bei den Kriterien bewertet Finanztest unter anderem auch die Frage, ob „der Kunde anderswo Anträge schon gestellt hat oder zu erschwerten Bedingungen angenommen worden wären.“
Was dieses in der Bewertung zu tun hat, erschließt sich mir leider nicht. Warum auch sollte das relevant ein? Ein spezialisierter Berater wird die Möglichkeit einer Vorananfrage nutzen. Eine Entscheidung über die Annahme dort ist unabhängig davon was andere Unternehmen davor entschieden haben. Zudem sind die Annahmeentscheidungen so unterschiedlich, dass diese nicht aufeinander aufbauen oder gar eine Ablehnung eine generelle Ablehnung überall bedeutet. Auch wird bewertet wo der Hinweis nach der vorvertraglichen Anzeigepflicht angebracht ist. Was das nun mit der Qualität eines Produktes zu tun hat ist leider nicht klar.
Was hat nun der „Sieger“ gegenüber dem „11., 12. oder 18. Platz“ besser gemacht?
Das traurige ist… nichts relevantes. Schauen wir uns den Versicherer Nr. 1 (Aachen Münchener SBU) und den Platz Nr. 11 (Alte Leipziger SBU) an. Dabei unterscheiden sich die beiden Unternehmen in den Bewertungen der Anträge 0,5 (sehr gut) zu 2,1 (gut), der Bereich der versicherbaren Berufe und des Endalters von 0,8 (sehr gut) zu 1,9 (gut) oder der Bedingungen. Der Testsieger Aachen Münchener bekommt hier 0,7 (sehr gut), die Alte Leipziger mit 0,5 auch ein „sehr gut“ nach Meinung von Finanztest.
Auch wenn die Bedingungen sich in ganz elementaren Bereichen unterscheiden, so werden diese doch vergleichbar bewertet. Spontan und ohne jedes Wort der Bedingungen zu lesen fallen mir mehr als 10 Gründe ein, 10 Aussagen wo die Bedingungen der Aachen Münchener BUV schlechter als das 11. platzierte Produkt sind.
Was passiert bei einem (vorrübergehenden) oder längerfristigen Ausscheiden aus dem Beruf? Welche Art der Qualifikation und Tätigkeit wird vom Versicherer in der Prüfung zu Grunde gelegt? Was nützt dem Versicherten eine erste Anerkennung, wenn die Rentenzahlung in der Folgeprüfung (Nachprüfung) wieder eingestellt wird? Nicht so viel.
Auch Probleme die im Falle des Leistungsbezuges durchaus relevant sein können sind bei dem schlechter platzierten Tarif durchaus besser gelöst. Sind Angestellte mit so genannter Direktionsbefugnis verpflichtet eine Umorganisation zu machen? Was ist wenn der Arbeitgeber diese nicht durchführen möchte und was ist überhaupt eine zumutbare Einkommensreduzierung? Ist zumutbar etwa 1%, 10% oder 20%? Oder ist „zumutbar“ ein bestimmter Einkommensbetrag? Sich hier auf die Rechtsprechung zu verlassen, die das dann schon richten wird, ist unklug. Warum also nicht ein Bedingungswerk wählen was das kann?
Auch bei den Fragen nach Leistungsausschlüssen, also Ereignissen die erst gar nicht zu einer Leistung führen, hat man wohl nicht so genau hingeschaut. Warum das nur entfallen ist, wer weiss! Und so haben wir noch einige weitere Bereiche die- warum auch immer- sehr einseitig betrachtet worden sind. Darunter auch Fragen zur Optionen zur Vertragsanpassung, der Arztanordnungsklausel und einiges mehr.
Das Erstaunliche kommt aber noch. Finanztest hat zwei Musterfälle dargestellt und dabei einen Diplomkaufmann (Rente 2.000 EUR, Endalter (EA) 67) und eine Pflegekraft im Altenheim (1.000 EUR Rente bis EA 65) ausgewählt. Das der vermeintliche Testsieger für die Pflegekraft kein Angebot bis 65 anbietet ist ja nicht schlimm. So kann der Interessent den „Testsieger“ eben nicht nutzen. Warum einer Testsieger wird, der den Beruf gar nicht versichert erschließt sich mir nicht, aber es gibt auch 4 weitere Unternehmen die das nicht tun. Insgesamt tauchen in der Tabelle 34 Tarife auf. Klar das da ein Testsieger schon mal unter denen sein kann, die nur einen der „Modellkunden“ versichern.
Erstaunlich wird es auch bei der Prämienbetrachtung. Diese unterteilt sich in eine Brutto- und eine Nettoprämie. Dabei ist die Nettoprämie die (derzeit) zu zahlende und berechnet sich aus dem Bruttobetrag abzüglich Überschussanteilen. Diese sind nur derzeit fest und können nicht garantiert werden. Daher kann es passieren, dass der Versicherer irgendwann die Prämie anpasst, maximal auf den Bruttobetrag. Doch wie genau sehen die Prämien im Vergleich nun aus?
Dazu schauen wir uns wieder den Testsieger und die Nummer 11 an. Im Bereich der Pflegekraft den 2. Testsieger (Generali) und den Platz Nr. 11.
Gleiche Übersicht auch für den 2. Musterkunden. Der Pflegekraft:
Schauen Sie sich die Tabelle einmal an und lassen sich folgenden Satz einmal auf der Zunge zergehen:
Leistungen aus der Überschussbeteiligung können nicht garantiert werden. Sie sind trotz der exakten Darstellung nur als unverbindliches Beispiel anzusehen und gelten nur dann, wenn die für 2011 festgesetzten Überschusssätze während der gesamten Versicherungsdauer unverändert bleiben.
und weiter heißt es:
„Dieser Überschuss wird mit dem Beitrag verrechnet, dadurch ergibt sich ein niedrigerer zu zahlender Beitrag. Bei einer Änderung des Überschussanteils ändert sich auch der zu zahlende Beitrag.“ (Anm. bis max. auf den Bruttobeitrag)
Da brauchen Sie nicht viel von Versicherungsmathematik verstehen, es reicht aus zwei Zahlen miteinander zu vergleichen. Und danach muss sich jeder einige Fragen beantworten:
1.) Ist mir ein gutes Bedingungswerk wichtiger als ggf. eine Antragsfrage nach abgelehnten oder zurückgestellten Anträgen?
2.) Kann ich mir die Prämie für meine Berufsunfähigkeitsversicherung dauerhaft leisten und bis zu welchem Betrag kann die steigen? Bei unserem Kaufmann im Beispiel kann diese entweder langfristig 1.717 Euro oder auch max. 1.251 EUR bei einem optimaleren Bedingungswerk betragen.
3.) unverbindliche Überschüsse sind nicht planbar. Gerade im Hinblick auf die Finanzmärkte, die Entwicklung und aktueller Ereignisse können die auch wieder fallen.
4.) bei einer Insolvenz eines Versicherers bestehen die vertraglichen Verpflichtungen weiter, denn die Gesellschaft wird in den „Auffangpool Protector“ überführt. Dort werden die Leistungen des Vertrages weiterhin erbracht. Ob überhaupt oder welche Überschüsse dort noch vorhanden sind, ist nicht zu sagen. Fakt ist aber das unser Musterkunde hier Jahr für Jahr 466 EUR mehr zahlen müsste. Über die Restlaufzeit von 36 Jahren sind das immerhin 16.776 EUR (möglicher) Beitragsunterschied. Bei der Frau gleichen Berufs bleiben hier schon 37.728 EUR.
Soll ich lieber einen Zuschlag oder Ausschluss vereinbaren oder dann einen „schlechteren Versicherer“?
Wenn der Versicherer Sie nicht zu normalen Bedingungen versichern kann, weil Vorerkrankungen oder Beeinträchtigungen dagegen sprechen, so gibt es neben der Ablehnung noch zwei andere Möglichkeiten. Eine Ausschlussklausel oder ein Zuschlag können im Vertrag vereinbart werden. Der Ausschluss führt zu quasi zu einer „Teil-BU“. Bestimmte Krankheiten werden bei der Leistungsprüfung ausgeschlossen.
Haben Sie also Rückenbeschwerden, ein eingeschränktes Knie oder fest abgrenzbare Erkrankungen, so wird der Versicherer Ihnen meist eine Klausel anbieten. Diese könnte lauten:
„Ausgeschlossen vom Versicherungsschutz sind Erkrankungen der Wirbelsäule und Folgen“
Ist diese nun gut oder schlecht? Die Antwort ist einfach- schlecht. Warum ist auch recht einfach zu erklären. Besser wäre eine Formulierung wie oben, jedoch mit dem Zusatz:
„Eingeschlossen sind jedoch Erkrankungen durch Unfälle oder Tumore“. Besser wäre es auch, wenn nicht generell „Wirbelsäulenerkrankungen“ sonder genauer definierte Beschwerden ausgeschlossen werden.„degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule“ wäre eine mögliche Formulierung.
Daneben gibt es andere Erkrankungsbilder, die können nicht so einfach abgegrenzt werden. Dazu zählen zum Beispiel Allergien, aber auch Bluthochdruck oder Magenbeschwerden. Diese werden dann häufig durch einen Zuschlag im Versicherungsschutz eingeschlossen und somit Bestandteil des Versicherungsschutzes.
Wenn Sie wählen können (das geht nur sehr bedingt) würde ich persönlich immer den Zuschlag wählen, hier sind Erkrankungen einfach trotz erhöhtem Risiko mitversichert und damit ist im Leistungsfall kein Ausschluss zu prüfen.
Weitere Beispiele und Informationen: