Seit über 24 Jahren bin ich nun in der Beratung für die private Krankenversicherung und Berufsunfähigkeit tätig und auch dieser Rat ist nicht neu. Aktuell scheinen zwei Gesellschaften, die ARAG und die Hanse Merkur, wieder für viele Verträge den Rücktritt oder den Versuch einer Kündigung der PKV zu erklären. Etwas nicht angeben bei den Gesundheitsfragen, ist dabei oft ein (schlechter) Rat gewesen.
Woher das kommt, dass es sich bei Gesellschaften stark häuft, kann ich nur spekulieren. Es gab auch andere in der Vergangenheit, aktuell sind es die beiden. Allein in den letzten vierzehn Tagen hatte ich acht Anfragen nach dem Rücktritt einer der beiden in meinem Postfach. Kunden sind berechtigterweise verzweifelt, wenn Sie ein Schreiben mit „Rücktritt der PKV“ haben.
Für einen solchen Rücktritt kann es mehrere Gründe geben, welche sich dann im Rahmen der Prüfung der vorvertraglichen Anzeigepflicht ergeben.
Vermittlerfehler, aber ihr großer Schaden
Viele Vermittler, dabei ist es vollkommen egal, ob die Kollegen Makler, Vertreter oder Mehrfachagent sind, geben oft einen sehr fatalen Tipp. Getreu dem Motto:
Das brauchen Sie nicht angeben, gehen Sie einfach nicht mehr zu dem Arzt und dann passt das schon.
Zweifelhafter Rat eines Vermittlers an seinen Kunden, der in psychotherapeutischer Behandlung war
Auch ein anderer Rat ist immer wieder gern genommen.
Sie werden bestimmt nicht mehr behandelt, oder? Dann brauchen Sie das auch nicht anzugeben!
Falscher Rat eines Vermittlers, wenn es um Vorerkrankungen in einem Antrag geht
Sollten Sie solche Ratschläge bekommen, dann sollten Sie den Vermittler vor die Tür setzen. Zügig, am besten sofort. Da ist einer nur auf eine Unterschrift aus, hat aber entweder absolut keine Ahnung, oder nur Interesse an einer Unterschrift. Wer solche Ratschläge gibt, ist eine absolute Schande für das Berufsbild, weil er (oder sie) es besser weiß. Die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung sind so schwerwiegend, dass Sie im schlimmsten Fall im Basistarif landen. Die Fragen im Antrag sind auch dazu eindeutig formuliert. Ein Antrag, bei dem alle Fragen schnell besprochen und dann noch schneller mit „nein“ beantwortet wurden, kann in den meisten Fällen nicht stimmen.
Patientenquittung liefert die nötigen Informationen
Auch wenn Sie in der Vergangenheit einen Antrag auf private Krankenversicherung gestellt haben, dabei aber keine Krankenakte eingesehen, oder keine Patientenquittung angefordert haben, wie sollen und wollen Sie wissen, dass da nichts an Krankheiten oder (Abrechnungs-) Diagnosen drinsteht? In meinem ausführlichen Artikel zur Patientenquittung finden Sie hier weitere Erläuterungen und Beispiele.
Schauen wir uns einige Beispiele an, welche oft zum Problem werden.
- Psychotherapie in der Vergangenheit, angeratene Therapie, nur Abrechnungsdiagnose
- Einlagen aufgrund Knick-/ Senk-/ Spreizfuß
- Halux Valgus
- Nasenspray bei Heuschnupfen „Das kaufe ich doch aber selbst.“
- Ich brauchte nur mal eine kurze Krankschreibung
Psychotherapie
Gerade die sogenannten F Diagnosen haben es in sich. Der Name folgt der Tatsache, dass psychische und psychosomatische Beschwerden in den ICD Diagnoseziffern mit einem F beginnen.
Manchmal handelt es sich nur um eine Beratung. Das kann passieren, wenn ein naher Angehöriger an Krebs oder anderen schweren Erkrankungen leidet und Sie selbst diese verarbeiten müssen. Oder auch nur, wenn jemand Zeit benötigte, um eine Trennung oder einen Trauerfall zu verarbeiten.
Ob eine solche Diagnose oder die Behandlung anzugeben sind, hängt auch konkret von den Fragen ab, welche der Versicherer stellt. Nehmen wir also eine Dame, die nach der Krebserkrankung eine Beratung bei einem Psychologen des Krankenhauses in Anspruch nimmt. Damit konnte sie die Krankheit der Mutter besser verarbeiten, besser damit umgehen. Gerade für Angehörige bieten viele Krankenhäuser solche Unterstützung an. In der Patientenquittung der gesetzlichen Kasse der Tochter (die sonst nicht erkrankt war) fand sich genau diese Abrechnung. Würden Sie es angeben?
Dazu ist die genaue Frage wichtig. Schauen wir uns dazu zwei Anträge von unterschiedlichen Gesellschaften im direkten Vergleich an.
Dabei ist auch noch die Frage zu klären, ob es sich hierbei um eine Behandlung der Antragstellerin überhaupt handeln konnte, oder ob es sich „nur“ um eine Beratung einer Angehörigen handelt. Fragt der Versicherer aber so wie hier die ARAG und Sie geben es nicht an, ist es eine Verletzung der Anzeigepflicht.
Antrag der ARAG (nach Änderung 2023) | Antrag der Barmenia |
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Frage 9) Finden derzeit oder fanden in den letzten zehn Jahren aufgrund psychischer, psychosomatischer oder psychiatrischer Erkrankungen bzw. Beschwerden oder wegen einer Suchtmitteleinnahme ambulante oder stationäre Behandlungen, Beratungen, Untersuchungen oder Psychotherapien statt oder sind solche angeraten bzw. beabsichtigt? | Wurde in den letzten 10 Jahren eine psychotherapeutische Behandlung durchgeführt oder angeraten? |
Einlagen – ich habe doch sonst nichts
Auch Schuheinlagen verordnet der Arzt ja nicht ohne Grund. Einerseits kann es sein, dass dieser eine Fehlstellung der Wirbelsäule oder andere Erkrankungen festgestellt hat. Es kann aber ebenso gut sein, dass Sie Beschwerden beim Gehen, beim Sport oder anderen Aktivitäten hatten.
Auch wenn die Einlagen vergleichsweise günstig sind, dann entstehen hieraus unter Umständen andere Kosten für spätere Behandlungen. So sind Rückenbeschwerden, Probleme beim Sport oder dergleichen nicht ungewöhnlich.
In der Krankenversicherung spielen, anders im Vergleich zu der Berufsunfähigkeitsversicherung, auch noch die Kosten für Untersuchungen und Diagnostik eine Rolle. Lesen Sie gern einmal nach, was ein simples MRT oder CT kostet, in meiner Serie zu Kostenbeispielen finden Sie genug praktische Beispiele.
Selbst wenn Sie also nur einen kleinen Risikozuschlag von 20 EUR pro Monat bekommen würden, wovon der Arbeitgeber meist auch noch die Hälfte trägt, und nur ein MRT als Folgekosten haben, so dauert es über drei Jahre. Nach neununddreißig Monaten wären durch den Zuschlag nur einmal die MRT Kosten beglichen.
Auch hier ist der Rat „ach, Sie haben ja keine Beschwerden“ ein fataler Tipp und kostet Sie im Fall der Fälle den Versicherungsschutz. Auch bei Halux Valgus ist genau dies der Fall und hier besteht zudem noch ein deutliches Operationsrisiko in der Zukunft.
Heuschnupfen und Allergien
Auch bei Allergien sind diese Diskussionen an der Tagesordnung. Klar, jemand, der sich einmal im Frühjahr für zehn, oder zwanzig Euro ein Spray und ein paar Augentropfen aus der Apotheke holt, will schwer verstehen, warum hier ein Zuschlag droht.
In meinem alten Beitrag „Wer nimmt mich ohne Zuschlag“ habe ich genau dieses Thema schon einmal beleuchtet.
Ein Beispiel von mir selbst. Ich hatte als Jugendlicher ein wenig mit Heuschnupfen zu tun. Hatte dann einmal eine Desensibilisierung und war dann „geheilt“, also hatte keine Beschwerden mehr. Die Allergie ist jedoch nicht weg und damit auch in den meisten Anträgen weiter anzugeben, dazu muss man nur die Fragen genau lesen.
Eines Tages, es war so kurz vor Weihnachten, hatte ich Kollegen zu Besuch bei mir zu Hause. Wir haben morgens gemütlich gefrühstückt, dabei gab es auch Multivitaminsaft. Den habe ich auch so immer mal getrunken, nie ein Problem gehabt. Da es in der Vorweihnachtszeit war, besuchten wir am Tage dann den Weihnachtsmarkt. Es gab leckere Lebkuchen.
Die Nacht fühlte ich mich schon etwas seltsam, dann am kommenden Morgen war es so weit. Hautausschlag an Hals, Gesicht, Armen und Beinen. Später dann auch im, nicht nur am Hals, ein Gefühl des Jucken und zunehmender Enge. Es dauerte nicht lange, dann kam es, wie Sie vielleicht ahnen.
Notarzt, Krankenwagen, Klinik.
Nach fünf Tagen dort war klar. Eine allergische Reaktion. Vermutlich eine Kreuzallergie aus etwas im Saft morgens und im Lebkuchen am Tag.
Der ganze Spaß hat meine PKV, die Hallesche, für Krankenhaus und Diagnostik fast 6.000 EUR gekostet. Selbst bei 30 EUR Risikozuschlag für allergische Beschwerden und Folgen, braucht es zweihundert Monate, oder besser sechzehn Jahre, um nur diesen einen Anfall wieder zu refinanzieren. Merken Sie, warum auch bei „beschwerdefreien“ Allergien ein Zuschlag sinnvoll und für den Tarif und das Kollektiv wichtig ist?
Nur mal eine Krankschreibung
Viele kennen das. Manchmal geht es einfach nicht. Stressig zu Hause oder im Job, „blöde Kollegen“, eine Dienstreise, die man nicht mag oder welcher Grund auch immer. Da kommt der Vorschlag des Arztes „Ich schreibe Sie mal ein paar Tage krank.“ ganz recht.
Auch wenn eigentlich nichts war, ein paar Tage raus kann nicht schaden und wenn es nur zum „wieder herunterkommen“ ist. Doch auch das ist eine Krankschreibung, die eine Diagnose hat. Sei diese nun berechtigt, oder hat der Arzt sich schnell einmal Beschwerden überlegt. Magen-. Darm, eine somatoforme Störung, Rückenschmerzen oder dergleichen. Nicht angegeben, ist es eine Verletzung der Anzeigepflicht, die den Versicherungsschutz gefährdet.
Auch wenn Sie gar keine wirklichen Beschwerden hatten, wie wollen Sie das in einigen Jahren beweisen? Was, wenn dann doch Rücken- oder Bandscheibenprobleme da sind, doch eine Psychotherapie nötig ist? Der Arzt wird sicher nicht sagen: „Da war nichts, ich habe nur mal eine solche Krankschreibung geschrieben und betrogen.“
Das dann zu beweisen, ist nahezu unmöglich.
Das brauchen Sie nicht angeben – gefährliche und dumm
Daher der gut gemeinte Rat. Arbeiten Sie zusammen mit Ihrem Vermittler die Gesundheitshistorie auf. Oft finden sich gerade bei denen, die „ich bin doch gesund“ sagen, viele Kleinigkeiten. Ein Shampoo für trockene Kopfhaut, was dann aber doch lieber die Krankenkasse zahlen sollte und daher als Diagnose Hautausschlag oder Ekzem daherkommt. Ein Coaching bei Prüfungsangst oder für den Job, was dann doch teuer war und lieber auf Rezept genommen wurde?
All das sind kleine Beispiele dafür, wie wichtig eine Klärung der Gesundheitshistorie in Arztakten oder der Patientenquittung ist und dann, dann ist auch Ihr Versicherungsschutz sicher und Sie können ruhig schlafen.
Und zum Schluss, einen Satz, den ich schon so oft gehört habe.
Wenn ich meine Medikamente nehme, bin ich gesund.
Merken Sie etwas? (der Krankenversicherer eines Tages auch, versprochen)
Leiten Sie diesen Artikel gern an den „Kollegen“ weiter, der Ihnen gesagt hat, Sie sollen es einfach nicht angeben, weil es ja nicht so schlimm war, ausgeheilt ist, Sie ja zu nicht mehr zu dem Arzt gehen oder dergleichen.
Und um noch mit einer Frage oder einem Mythos aufzuräumen, der Frage: „Wie soll es denn der Versicherer herausbekommen, wenn ich den Arzt nicht nenne“.
Glauben Sie mir, wenn Sie krank, schwer krank sind, und der Arzt fragen Sie nach Vorerkrankungen, Beschwerden, schon mal aufgetretene Symptome, glauben Sie mir, Sie erzählen alles und freiwillig, denn Ihnen soll bestmöglich geholfen werden. Kurzum, die meisten Versicherten „verraten sich selbst“ und dann steht es in einer Anamnese, einem Entlassungsbrief, einem Behandlungsbericht oder sonst in anderen Unterlagen, die der Versicherer sieht und bewertet.
Hallo Herr Hennig,
welche PKV Versicherer stellen aus Ihrer Sicht die fairsten (d. h. für die meisten Kunden am wenigsten gefährlichen) Antragsfragen?
Grüße
Klaus Stoltz
Guten Tag, die Frage ist sp pauschal nicht zu beantworten.
Eine Übersicht zu den Antragsfragen finden Sie im Downloadbereich oder direkt hier.