Sie suchen sich Hilfe, aber mit dem Spezialisten reden wir nicht
Man kann nicht alles können, warum auch, es gibt ja Spezialisten.
Stellen Sie sich vor, Sie haben Kopfschmerzen und überlegen was sie dagegen tun können. Natürlich können Sie Doktor Google befragen, Sie können auch im Internet lesen woher ihre Kopfschmerzen kommen können und sich dann in der eigenen Therapie versuchen. Das mag bis zu einem gewissen Grad problemlos funktionieren, doch sobald es tiefergehende Probleme betrifft, ist eine professionelle Unterstützung hilfreich. Auch einen Schadensersatzanspruch nach einem Autounfall machen Sie ja nicht „einfach mal schnell selbst geltend“, sie suchen sich einen Anwalt, einen Gutachter, um ihre Ansprüche zu untermauern.
Schon mein Opa hat früher gesagt: tue das was du kannst und wovon du etwas verstehst, bei allen anderen Themen frage einen der es kann.
Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung und die sonderbaren Continentale / Mannheimer Ansichten
Nun gibt es viele Menschen, welche bereits in der privaten Krankenversicherung versichert sind. Nach einigen Jahren stellt man sich irgendwann durchaus berechtigt die Frage: „Ist der Versicherungsschutz noch passend, oder gibt es vielleicht etwas Besseres?“
Dabei geht es gerade nicht um den Wechsel zu einem anderen Versicherer, sondern es geht um einen gesetzlich garantierten Tarifwechsel Anspruch, geregelt in den Paragraphen 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG).
Kunde beauftragt (s)einen Spezialisten via Vollmacht
Nun passierte in der letzten Woche bei einem Interessenten folgendes: Er suchte sich Hilfe für eine Tarifwechselberatung in der privaten Krankenversicherung. Aus alten Zeiten war dieser Kunde noch bei der Mannheimer versichert, die heute zur Continentale Krankenversicherung gehört. Nicht nur in die alten Tarife der Mannheimer Krankenversicherung kann dieser Kunde nach seinem gesetzlichen Recht wechseln, auch die aktuellen Tarife der Continentale sind hier durch aus eine Option. Ob dieses aber sinnvoll ist und falls ja welche Tarife und Kombinationen sinnvoll sind, das gilt es herauszufinden.
Aus dem Grunde erteilte uns der Kunde einen Maklerauftrag. Zur Erklärung, der Maklerauftrag enthält den Wunsch der Betreuung durch mich, weiterhin eine entsprechende Makler Vollmacht, um mich gegenüber dem Versicherer als berechtigt zu legitimieren. Es wäre auch durchaus fatal, würde der Versicherer jedem der „daher gelaufen käme“ Informationen zu einem bestehenden Vertrag geben. Aus diesem Grunde gibt es also einen bestehenden Maklervertrag und eine Vollmacht. Da ich aber ausschließlich in der Beratung zur privaten Krankenversicherung und biometrischen Risiken tätig bin, daher meinen Kunden auch gar nicht in zum Beispiel Sachversicherungen oder Geldanlage beraten kann und möchte, ist meine Vollmacht und auch der Maklerauftrag auf die private Krankenversicherung begrenzt.
Also habe ich, wie von dem Versicherten gewünscht, den Versicherer kontaktiert. In dieser Kontaktaufnahme habe ich nicht nur die bestehende Vollmacht mitgeschickt, sondern den Versicherer auch darüber informiert, welche Tarife für eine mögliche Tarifumstellung berechnet werden sollen.
Daraufhin erhielt ich folgendes Schreiben:
Ganz vereinfacht möchte mir der Versicherer damit sagen:
Continentale PKV Tarifwechsel – “Was interessiert es uns, was unser Kunde will!”
Nur zum besseren Verständnis. Wir sprechen über ein Vertragsverhältnis zwischen einem Versicherten und (s)einem Krankenversicherer. Daraufhin erteilt der Kunde einem Spezialisten eine Vollmacht für ihn Informationen zu einem speziellen Vertrag (dem einzigen bei dem Unternehmen übrigens), seiner Krankenversicherung einzuholen.
Die Mitarbeiterin des Krankenversicherers hat sich sogar die Mühe gemacht, ein Urteil des Bundesgerichtshofs zum Thema begrenzte Vollmachten auszugraben. Leider scheint man hier das Urteil nicht vollständig gelesen zu haben. Es geht eben hier nicht um eine begrenzte Vollmacht für bestimmte Tätigkeiten oder gar nur eine Bevollmächtigung für Teile des Vertrages, sondern es geht um einen Maklerauftrag für genau diesen gesamten Vertrag.
“Du wirst betreut von wem WIR wollen!”
Dass der Kunde bewusst eine Entscheidung getroffen hat, warum er eben von einem Spezialisten betreut werden möchte und nicht von dem bisherigen Außendienst, das interessiert die Continentale Krankenversicherung hier leider überhaupt nicht. Im zweiten Teil des Schreibens teilt man mit, der betreuende Vertriebspartner des Versicherers bekommt nun die Informationen.
Auch Datenschutz und den Wunsch die Betreuung selbst bestimmen zu wollen, scheint die Continentale hier nicht wirklich zu interessieren. Ich finde es ziemlich erschreckend, eine Anforderung von Tarifwechsel Unterlagen (welche bewusst über einen neutralen Dritten erfolgt ist) nun über interne Vertriebswege an den Kunden zusenden.
Das Urteil können sie sich hier einmal genauer ansehen und lesen sie dabei gern einmal genauer die Begründung des Urteils. In der Begründung heißt es:
aa) Der Versicherungsnehmer hat auch bei bereits bestehenden Versicherungsverträgen grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, seine Angelegenheiten gegenüber dem Versicherer durch einen Vertreter – das kann auch ein Versicherungsmakler sein – wahrnehmen zu lassen. Die Entscheidung seines Vertragspartners, die mit den Versicherungsangelegenheiten zusammenhängenden Arbeiten an einen Vertreter zu delegieren, muss der Versicherer grundsätzlich respektieren. Aus diesem sich als Nebenpflicht aus dem Versicherungsvertrag ergebenden Anspruch folgt zugleich die Verpflichtung des Versicherers, die Bevollmächtigung des Dritten zu beachten und dem Wunsch des Versicherungsnehmers entsprechend mit dem Vertreter im Rahmen bestehender Versicherungsverträge zu korrespondieren.
cc) Ein Anspruch des Versicherungsnehmers auf Korrespondenz mit und Auskunftserteilung gegenüber einem von ihm eingeschalteten Vertreter besteht lediglich dann nicht, wenn sich dies für den Versicherer im Einzelfall als unzumutbar darstellt.
(1) Entgegen der Auffassung des Beklagten folgt eine Unzumutbarkeit allerdings nicht bereits aus seinem Vertriebssystem.
(3) Unzumutbar kann die Korrespondenzpflicht mit einem vom Versicherungsnehmer eingeschalteten Vertreter auch sein, wenn dies für den Versicherer mit einem unzumutbaren Mehraufwand verbunden ist. Das ist allerdings noch nicht der Fall, wenn der Versicherer generell die Korrespondenz mit einem Vertreter führen soll. Ein unzumutbarer Mehraufwand kann aber entstehen, wenn der Versicherungsnehmer seinem Vertreter keine umfassende, sondern lediglich eine begrenzte Vollmacht erteilt hat.
BGH Urteil IV ZR 165/12
In unserem Beispiel meint die Continentale Krankenversicherung also einen Mehraufwand dadurch zu haben, dass der Kunde mich als Makler beauftragt hat ihn gegenüber dem Versicherer zu vertreten. Die Krankenversicherung, die nur einen Vertrag mit dem Kunden unterhält und der Maklerauftrag, der auf den Bereich Krankenversicherung begrenzt ist, stellt nach Auskunft der Continentale eine unzumutbare Begrenzung und einen höheren Aufwand dar.
Vielleicht kommen wir ja damit durch, denkt die Continentale
Natürlich kann es einen Mehraufwand bedeuten, wenn der Kunde bei einem Unternehmen zig unterschiedliche Verträge hat und eine Vollmacht sich nur auf einen, oder gar einen Teil eines Vertrages bezieht. Das ist hier aber nicht der Fall. Es handelt sich vielmehr um eine standardmäßige Ablehnung, weil man vermutlich einfach keine Lust hat mit einem kompetenten Gegenüber über eine Tarifwechseloption zu diskutieren und sich vermutlich davon verspricht, der Kunde wird es dann wohl lassen.
Es zeigt leider wieder einmal einen Grund, warum der Ruf der Versicherer nicht unbedingt der Beste ist. Sucht der Kunde sich professionelle Unterstützung und Hilfe und will hier “auf Augenhöhe” die Tarifwechseloptionen besprechen und sucht sich Unterstützung, dann wird gemauert was das Zeug hält.
Gerade für die Altkunden der Mannheimer Krankenversicherung (die heute zur Continentalen gehört) ist es sinnvoll, sich hier über Tarifoptionen zu informieren. Grund sind hier nicht nur die beschränkten Tarifwerke in den alten Verträgen, sondern auch neue Möglichkeiten nach dem Zusammenschluss der Unternehmen.
Continentale PKV Tarifwechsel – Fairness ist keine Einbahnstraße
Auch wenn man mit solchen Spielchen und Taktiken vielleicht den einen oder anderen Tarifwechsel verhindern kann, und damit vielleicht noch den einen oder anderen Euro mehr Beitrag einnimmt, zu einem Vertrauensverhältnis führen solche Spielchen nicht.
Ich möchte auch keineswegs damit gesagt haben, dass der eigene Außendienst eine solche Tarifwechselberatung nicht durchführen könnte, aber ein Vertreter einer Gesellschaft steht nun einmal im Lager des Versicherers. Das ist auch nicht per se schlecht, aber es ist einfach so. Der Vertreter vertritt die (Interessen) der Gesellschaft. Sucht sich der Versicherte anderweitig Unterstützung, so erwarte ich von einem Vertragspartner dass er diesen Wunsch akzeptiert.
Natürlich verstehe ich auch Versicherer, denn leider wird auch auf Beraterseite bei einigen schwarzen Schafen viel Schaden angerichtet. Da werden Tarifwechsel nur für den eigenen Geldbeutel des Beraters organisiert, und Schaden manchmal mehr als sie nützen.Das ändert aber alles nichts an der Tatsache, das Versicherer eine Vollmacht eben nicht einfach ignorieren dürfen, wenn sie von Kundenseite so gewünscht ist.
Und mit dieser Art von Ablehnung Schreiben hat die Continentale bewiesen, dass sie sich nicht einmal ansatzweise mit der Vollmacht beschäftigt haben, sondern einfach pauschal Tarifwechsel plus Vollmacht = Ablehnung als Grundlage genommen haben.
Nach einigen Mails an den Vorstand und einige Mitarbeiter und etwas Nachhilfe in Sachen Vollmacht, hat auch die Conti den Fehler nun eingesehen. Über die Tarifvorschläge diskutieren wir noch, aber viellicht hilft etwas Nachhilfe auch da.
Sehr geehrter Herr Henning,
warum soll es nur uns Versicherungsberatern so ergehen. Besonders hartnäckig sind seit Jahren die Continentale und Allianz.
mfg
R. Falken
Genial gemacht. Applaus! 🙂
BÄM!