Schmerzen müssen beweisbar und objektivierter sein
Vor wenigen Tagen gab es ein interessantes Berufsunfähigkeit Urteil des Oberlandesgerichtes Karlsruhe. Mit dem Aktenzeichen 12 U 79/16 hatte das OLG einen Leistungsfall zur Berufsunfähigkeit zu verhandeln, in welchem es um einen Schmerzzustand ging. Dieser sollte, so die Auffassung des Klägers, zu einer Berufsunfähigkeit geführt haben und somit auch den Versicherer zur Rentenzahlung verpflichten.
Die Vorinstanz, das Landgericht Karlsruhe, hatte diesen Fall bereits unter dem Aktenzeichen 10 O 326/14 am 10.03.2016 entschieden und hier die Auffassung des Versicherers gestützt. Doch schauen wir uns den Fall einmal etwas genauer an, so lässt sich auch die Entscheidung leichter nachvollziehen.
Der Sachverhalt
Ein Versicherter, von Beruf Fahrer und Lagerist, hatte bereits im Jahre 2008 Vorsorge getroffen und sich für einen Vertrag mit einer Rentenzahlung bei Berufsunfähigkeit entscheiden. Dieser sag unter anderem eine Leistung bei Berufsunfähigkeit vor, so heisst es dort in den Bedingungen:
„1. Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die versicherte Person infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich auf Dauer (mindestens sechs Monate) außer Stande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben …”
und weiter heisst es in den Bedingungen:
3. Ist die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen infolge Krankheit, Körperverletzung oder mehr als altersentsprechenden Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, vollständig oder teilweise außer Stande gewesen, ihren zuletzt ausgeübten Beruf, so wie er ohne gesundheitliche Beeinträchtigung ausgestaltet war, auszuüben und hat sie in dieser Zeit auch keine andere Tätigkeit ausgeübt, die ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht …, gilt dieser Zustand bei Fortdauer von Anfang an als vollständige oder teilweise Berufsunfähigkeit.“
Der Weg zur Berufsunfähigkeit
Seit längerem plagten den Versicherten nunmehr Schmerzen, insbesondere Rücken- und Schulterschmerzen. Diese sollten- so die Auffassung des Klägers- zu einer Berufsunfähigkeit führen und so verlangte dieser einige tausend Euro von seinem Versicherer.
Dieser sah das aber anders und verweigerte die Rentenzahlung. Interessant ist aber der zeitliche Ablauf (der, soweit vorab, dem Kunden noch “auf die Füße fallen wird”).
- seit 2011/2012 – verstärkte Schmerzen, die zur BU führen (sollten)
- 19.11.2012, Orthopäde attestiert “nicht mehr in dem Beruf arbeiten können”
- 23.11.2012 Anruf des Versicherten und Meldung der BU bei der Gesellschaft
- BU sei zum 19.12.2012 eingetreten
- Arbeitgeber kündigt deswegen dem Versicherten zu, 31.03.2013
- Arbeitnehmer arbeitet aber noch bis zum 18.12.2012
- 31.1.2013 bis 24.01.2014 Umschulung zum CNC Anwender
Die Anträge auf Leistung
Versichert sind in dem Vertrag etwa 600 Euro Monatsrente, diese führen für den Zeitraum (der Umschulung) zu einer Gesamtforderung von 7.150,77 Euro, inkl. Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten.
Zu Recht hat das Landgericht einen Anspruch auf Leistungen wegen Berufsunfähigkeit verneint, weil der Kläger den ihm obliegenden Beweis hierfür nicht geführt hat.
Entscheidender Grund der Ablehnung ist die Tatsache, dass die Berufsunfähigkeit (und die Schmerzen) nicht beweisbar waren. Der Kläger mag unstrittig Schmerzen gehabt haben, das bestätigt auch der Sachverständige in seiner Anhörung, jedoch scheinen diese nicht ausreichend und plausibel belegt worden zu sein. Zunächst einmal hat sich der Anwalt anscheinend auf die körperlichen Schmerzen gestützt, welche so medizinisch nicht belegbar waren.
Zwar ist es grundsätzlich richtig, dass als Krankheit im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung auch Schmerzen, deren Ursache sich nicht klären lässt, in Betracht kommen (vgl. BGH VersR 1999, 838). In prozessualer Hinsicht stellt sich für den Versicherungsnehmer dort jedoch das Problem der Beweisbarkeit, da es sich bei Schmerzen und deren Ausmaß um subjektive Empfindungen handelt (vgl. dazu Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, 3. Aufl., G.72 ff., 162; Benkel/Hirschberg, Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung, 2. Aufl., § 2 BUZ 2008 Rn. 70; OLG Koblenz r+s 2003, 337; LG Nürnberg-Fürth r+s 2006, 338). Dabei ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass die Feststellung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 1 ABB über das Vorliegen einer Krankheit und einer damit verbundenen Unfähigkeit zur Berufsausübung hinaus eine dauerhaft ungünstige Prognose erfordert (vgl. BGH VersR 2007, 383 mwN.), die bei unklaren Schmerzen entsprechend erschwert ist; gegebenenfalls kommt eine vermutete Berufsunfähigkeit nach § 2 Abs. 3 ABB (vgl. auch § 2 Abs. 3 BU-Musterbedingungen) in Betracht, wenn die versicherte Person sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren bisherigen Beruf auszuüben.
und weiterhin führt das Gericht aus:
Den Nachweis, dass subjektiv empfundene Schmerzen objektiv die Annahme der Berufsunfähigkeit rechtfertigen, kann der Versicherungsnehmer im Wesentlichen auf zwei Wegen führen, nämlich entweder durch den Nachweis körperlicher (vorliegend insbesondere orthopädischer oder neurologischer) Ursachen oder durch den Nachweis psychischer bzw. psychosomatischer Bedingtheit, die ihrerseits Krankheitswert aufweisen kann, wie insbesondere eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (vgl. dazu OLG Hamm VersR 1997, 817). Der Nachweis körperlicher Ursachen ist dem Kläger nicht gelungen; psychische Ursachen macht er nicht geltend.
Das Problem hier scheint in der Geltendmachung zu liegen. Der Anwalt des Klägers hat sich hier augenscheinlich ausschließlich auf orthopädische Ursachen bezogen und die Psyche ganz außer Acht gelassen. Da in gerichtlichen Prozessen nicht nur die Tatsachen sondern auch bei der Beweisführung Fristen und Formalien einzuhalten sind, konnte eine BU hier nicht bewiesen werden. Nochmals: Das heisst keineswegs, der Versicherte war nicht berufsunfähig oder hatte gar keine Schmerzen. Es ist ihm eben nur nicht gelungen dieses (auch gegenüber dem Gericht) klar zu belegen und beweisen.
Ohne Spezialisten wird das nichts
Der Antrag auf Berufsunfähigkeit ist nicht ganz einfach und wie hier gut zu erkennen ist, ist die Begründung und nötige Beweisbarkeit elementar. Es nützt rein gar nichts zu glauben man sei BU, auch wenn Schmerzen vorhanden sind. Diese müssen- nachvollziehbar- belegt und beweisen werden. Gelingt dieses mit objektiven Untersuchungen und medizinischer Begutachtung nicht, so kann auch eine psychische Ursache in Frage kommen.
Elementar ist aber auch hier die Antragstellung und eine rechtzeitige Begleitung dieser durch Spezialisten. Wie ich bereits in meinem Beitrag
bereits schrieb, sind zum Beispiel die Kollegen vom BU Expertenservice hier die richtige Wahl und/ oder Frau Angela Baumeister direkt. Wir wissen es nicht und kennen nicht jedes Detail des Prozesses, schaut man sich aber die Begründung der Richter an, so fehlt es hier an juristisch korrekt geführten Beweisen und eine Leistung wäre durchaus möglich gewesen. Auch darum ist eine Rechtsschutzversicherung durchaus angeraten.
Auch dieser Fall ist zudem ein Beispiel dafür, warum Prozessquoten nichts aussagen.
oder das geld ganz sparen… wenn ich sowas lese
Naja, jemand der BU ist, dann aber weiterarbeitet…
Zudem konnten die Beschwerden objektiv zumindest nicht nachvollzogen werden, eine weiteren Beweisantrag hinsichtlich neurologischen Beschwerden oder psychischer Ursache hätte der Anwalt stellen können, hat er aber wohl nicht. Leider ist das Problem in bei vielen Anwälten einfach, das ein BU Mandat viel Geld bringt, sicheres Geld wenn zudem eine Rechtsschutz besteht, und dann auch Mandate übernommen werden obwohl man es eigentlich nicht versteht.
Gerade in solchen Fällen ist die Spezialisierung mindestens genau so wichtig.