Anders als bei dem Abschluss eines Vertrages für die private Krankenversicherung, indem es eine umfangreiche Prüfung der gesundheitlichen Verhältnisse des Antragstellers gibt, besteht in dem so genannten „Basistarif“ ein Kontrahierungszwang. Das bedeutet letztendlich nichts anderes, als dass der Versicherer verpflichtet ist, einen Antrag auf Abschluss des Basistarifs nach Prüfung der Voraussetzungen anzunehmen und diesen nicht aufgrund von gesundheitlichen Problemen des Antragstellers ablehnen zu dürfen.
Doch allein die Tatsache, dass ein solcher Kontrahierungszwang besteht, entbindet den Versicherten nicht von seinen Pflichten. Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 20 U 151/12 in einer Verhandlung zu entscheiden und wies die Berufung des Klägers zurück.
Worum ging es in dem Urteil genau?
Der Kläger wollte bei dem Versicherer einen Antrag auf Abschluss des Basistarifs stellen, denn er war bereits in der Zeit von 1990-2005 privat krankenversichert und verlor diesen Versicherungsschutz aufgrund von Zahlungsrückständen. Mit dem Antrag vom 4.4.2009 bemühte sich der Kläger um den Abschluss und der Versicherer ließ ihm ein so genanntes „Starterpaket“ zukommen. Dieses enthielt neben den Antragsunterlagen (mit Angaben zur Person und den Gesundheitsfragen) auch Unterlagen für eine ärztliche und zahnärztliche Untersuchung. Die Angaben in dem Antragsformular wurden durch den Antragsteller beantwortet, jedoch vertrat dieser die Ansicht, dass die Beklagte (das Versicherungsunternehmen) eine ärztliche Untersuchung nicht verlangen könne, es bestünde schließlich die Verpflichtung den Antrag im Basistarif anzunehmen. Dabei sei es unerheblich wie der Gesundheitszustand tatsächlich aussehe.
Der Versicherer hingegen vertrat die Auffassung, dass der Antrag nur dann gestellt werden könnte, wenn auch die notwendigen ärztlichen-und zahnärztlichen Untersuchungen von dem Antragsteller durchgeführt werden und die Ergebnisse dem Versicherer vorliegen.
Warum braucht denn der Versicherer eine solche Untersuchung?
Anders als bei einem „normalen“ Versicherungsvertrag handelt es sich bei dem Basistarif um einen brancheneinheitlichen Tarif, welcher nicht nur mit den Leistungen sondern auch in der Prämienhöhe bei allen Unternehmen der privaten Krankenversicherung identisch ist. Aus diesem Grunde finden sich in dem Paragraph 12g Abs. 1 VAG (Versicherungsaufsichtsgesetz) die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Risikoausgleich. Im Detail heißt es dort:
Mehraufwendungen, die im Basistarif auf Grund von Vorerkrankungen entstehen, sind auf alle im Basistarif Versicherten gleichmäßig zu verteilen; Mehraufwendungen, die zur Gewährleistung der in § 12 Abs. 1c genannten Begrenzungen entstehen, sind auf alle beteiligten Versicherungsunternehmen so zu verteilen, dass eine gleichmäßige Belastung dieser Unternehmen bewirkt wird.
Um eine solche Verteilung jedoch durchführen zu können und zu entscheiden welcher Versicherer aus dem „großen Topf“ Ausgleichszahlungen erhalten wird oder wer ggf. welche leisten muss, müssen die Erkrankungen der Versicherten bei dem jeweiligen Unternehmen bekannt sein. Denn nur wenn bekannt ist welche Erkrankungen vorhanden sind, um abschätzen zu können wie hoch die Kostenwahrscheinlichkeiten sind, ist ein sinnvoller und gerechter Ausgleich möglich.
Warum reicht es dann nicht aus, die Gesundheitsfragen auszufüllen?
In ihrer Urteilsbegründung führen die Richter unter anderem aus, dass der Versicherer nicht beschränkt sei nur Gesundheitsfragen in den Antragsformularen zu stellen. Anders als in einem „normalen Vertrag“, wo eine Verletzung dieser Anzeigepflicht zu Sanktionen und gegebenenfalls dem Verlust des Versicherungsschutzes führt, ist dieses im Basistarif nicht sanktioniert. Wer also in den Antragsformularen des Basistarifs falsche Angaben macht kann aufgrund der Annahmeverpflichtung nicht einfach gekündigt, oder mit Zuschlägen belegt werden.
„Die Verweigerung des Vertragsschlusses sei das einzige Mittel, verlässliche Informationen über den Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers zu erhalten.“
In der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes stellen die Richter klar, dass der Versicherungsnehmer bzw. der Antragsteller zur Durchsetzung des Kontrahierungszwanges ein “annahmefähiges Angebot“ unterbreiten muss. “Ein annahmefähiges Angebot auf Abschluss des begehrten Krankenversicherungsvertrages setzt vorliegend die Einreichung der von der Beklagten verlangten ärztlichen Untersuchungsbericht der voraus. Da sich der Kläger weigert, ärztliche und zahnärztliche Untersuchungen durchführen zu lassen, liegen die Voraussetzungen für eine Versicherung des Klägers im Basistarif der Beklagten derzeit nicht vor.”
Die Richter stellen damit ganz eindeutig klar, dass der Versicherer durchaus in der Lage und berechtigt sein, eine solche ärztliche Untersuchung zu fordern. Denn eine Risikoprüfung ist gemäß Paragraph 203 Abs. 1 Satz 3 VVG auch im Basistarif insoweit zulässig, als sie für die Zwecke des Risikoausgleich oder für spätere Tarifwechsel erforderlich ist.
Risikoprüfung auch für den späteren Tarifwechsel
Weiterhin erläutern die Richter in ihrer Urteilsbegründung wozu die Risikoprüfung weiterhin bedeutsam ist. Begehrt der Versicherte später im Verlauf des Vertrages einen Tarifwechsel (denn der Wechsel vom Basistarif in einen anderen Tarif ist gemäß Paragraph 204 VVG möglich) so ist der Versicherer berechtigt einen Risikozuschlag zu verlangen. Aus diesem Grund muss der Gesundheitszustand des Antragstellers zum Zeitpunkt der Antragstellung bekannt sein.
Was bedeutet das nun für zukünftige Antragstellungen im Basistarif?
Auch wenn ein einzelnes Urteil eines Oberlandesgerichtes keine bindende Wirkung für andere Richter/Gerichte entfaltet, so ist doch hier eine begründete Tendenz abzusehen. Wer sich also zukünftig im Basistarif versichern will, um damit seiner Pflicht auf Abschluss der Versicherung und Erfüllung der gesetzlichen Versicherungspflicht nachzukommen, der wird um eine Untersuchung nicht herum kommen. Nur so bietet sich dem Versicherer die Möglichkeit das (gesundheitliche) Risiko des zukünftigen Vertragspartners verlässlich einzuschätzen und so nicht nur den Risikoausgleich zu ermöglichen, sondern auch die Voraussetzungen für einen späteren Tarifwechsel zu schaffen. Wenn Sie also beabsichtigen einen solchen Antrag zu stellen, so füllen Sie bitte die Antragsunterlagen vollständig aus und begeben sich dann mit den Unterlagen für die ärztliche Untersuchung zu einem Arzt Ihrer Wahl. Dieser wird nach erfolgter Untersuchung die entsprechenden Angaben in den Formularen machen und diese dann dem Versicherer zur Verfügung zu stellen.
Auch auf die Gesundheitsfragen kann jedoch nicht verzichtet werden, denn die ärztliche Untersuchung entbindet nicht von der Verpflichtung zum Ausfüllen der Fragen. Die Begründung hierfür ist jedoch auch relativ simpel. Während die ärztliche Untersuchung eine Momentaufnahme zum „Stand heute“ darstellt, werden in den Fragen zum Gesundheitszustand die vergangenen Jahre berücksichtigt und somit auch die Angaben erfasst, die in der Untersuchung vielleicht nicht mehr auftreten oder nicht mehr nachweisbar sind. Es ist also für den Versicherer elementar wichtig sowohl die Vergangenheit Angaben als auch den Status aus der ärztlichen Untersuchung zu bekommen, nur dann erfolgt eine risikogerechte Einstufung. In dem Versicherungsschein zum Basistarif finden Sie bei einigen Unternehmen auch dann die Auflistung eines Risikozuschlages, welcher (solange sie im Basistarif versichert sind) jedoch nicht zu zahlen ist. Dieser Zuschlag ist dann jedoch wichtig, wenn später ein Tarifwechsel vorgenommen werden soll. Aus diesem Grund ist die Nennung des Zuschlages heute für den Kunden eine wichtige Information, da er doch schon jetzt weiß wie hoch (in Prozent) der Zuschlag auf den zukünftigen Beitrag in einem „normalen“ Tarif sein wird.
Ist ja auch richtig so. Soll ja auch nicht zum Freifahrtsschein für die Leute werden. Die Entscheidung kann ich nachvollziehen!
Schwachsin, da hebelt das OLG den Kontrahierungszwang mit einer ausgedachten Konstruktion “annahmefähiges Angebot” aus und ermächtigt die Versicherungen, beliebige ärztliche Untersuchungen zu fordern, die gerade diejenigen nicht zahlen können, die den Basistarif brauchen.
Wer die Untersuchungen bestellt, soll sie auch bezahlen, darum geht es hier, und nicht um “Freifahrtschein”????