Warum im Anschluss ein Vertrieb anruft und Sie überreden will
Eine ganze Reihe von Lesern erhält in den letzten Tagen und Wochen sonderbare Anrufe. Da melden sich Damen und Herren am Telefon und behaupten Sie kämen von einem
“Dachverband der Privaten Krankenversicherung, der PKV”
oder dem
“Verband der privaten Krankenkassen”
Dabei wird dann auch gleich eine Münchener Nummer, oder noch schlimmer eine Nummer aus Köln angezeigt. Dabei ist Köln auch der Sitz des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, den gibt es wirklich.
Die beiden anderen Verbände sind aber nur eine Betrugsmasche, denn beide gibt es in Wirklichkeit nicht. Durch geschickte Fragen versuchen die Anrufer zunächst einmal herauszubekommen wo die angerufenen versichert sind. Einige Angerufene äußern auch den Verdacht, “die müssen von dem alten Vertreter/ Berater irgendwie meine Daten bekommen haben”. Nur so ist es zu erklären, dass diese Tarife wissen konnten.
Dachverband der PKV – Stichprobe zur Zufriedenheit
oder eine Umfrage unter Versicherten – alles nur eine Betrugsmasche?
Bei dem Anruf wird dann vorgegeben, man wende sich als Verband an Versicherte, denn “die Versicherungsunternehmen geben oft falsche Informationen an die Kunden und erhöhen die Beiträge zu stark”, dem “wolle man nun nachgehen und braucht dazu einige Daten.”
Durch eine geschickte Fragetechnik entlockt man dem Angerufenen nun weitere Daten und Details zu seinem Tarif. Klar funktionieren Suggestivfragen wie “Sie zahlen doch sicher auch zu viel Beitrag” oder “Sie haben sich auch über die letzte Anpassung geärgert” dazu nur allzu gut.
Der Anruf wird nie eine Umfrage oder eine wirkliche Stichprobe, das ginge schon allein aus rechtlichen Gründen und dem Datenschutz nicht. Doch was dann passiert ist noch viel schlimmer.
Das es kein Einzelfall ist, zeigen schon knapp 9 Fälle aus den letzten Tagen. Auch sind hier Daten bekannt, wo noch keiner weiss woher die kommen können.
Terminbestätigung von MainCompass als helfender Berater
Bereits in der Vergangenheit habe ich über einige sonderbare Fälle dieses Vertriebes gesprochen. Nun taucht er Name auch hier wieder auf. So schreibt ein Betroffener heute im LiveChat und erzählt weitere Details im anschließenden Telefonat. Dabei habe er sich dann zu einem Termin bei sich zu Hause überreden lassen. Schließlich klang es gut und man wollte sich das einmal anhören. Doch dann die Verwunderung. Nicht der angebliche Verband schickte die Bestätigung, sondern ein Unternehmen namens MainCompass bestätigt einen Beratertermin.
Jetzt stellt sich zunächst einmal die Frage, wie der neue Berater an die Daten aus dem Telefonat des angeblichen Verbandes gekommen ist. Dazu kann ich nur spekulieren und behaupte es daher auch nicht. Es gibt aber für mein Verständnis nur zwei Möglichkeiten.
Variante 1.) Main Compass kauft so genannte Leads
Das ist in der Branche und auch in anderen nicht unüblich. Ein Callcenter vereinbart im Auftrag Termine, führt Anrufe durch und nimmt dem kaufenden Unternehmen damit Arbeit und BackOffice Tätigkeiten ab. Daran ist nichts auszusetzen, wenn die Daten rechtmäßig erworben wurden. Eine der größeren Plattformen für Datensätze (welche ausdrücklich NICHTS mit dem Fall zu tun hat, sondern nur als Beispiel dient) ist finanzen.de, diese bieten Beratern Datensätze an.
Hier ein Überblick über die Preise. Auszug der Angebotsseite von finanzen.de
Wäre ein solcher Datensatz also regulär und legal zu Stande gekommen, dann würde der Berater für einen reinen Kontakt ca. 150 EUR zahlen. Wird dann noch ein Termin vereinbart und “vorqualifiziert- also weitere Daten mitgeliefert, sind schnell 200-250 EUR fällig. Wohlgemerkt, es geht NUR um die Kontaktdaten des Angerufenen.
Würde diese Variante zutreffen, so muss der Datenabnehmer (also hier der Berater) natürlich auch sicherstellen, dass die Daten rechtmäßig und gemäß den aktuellen datenschutzrechtlichen Bestimmungen erhoben wurden. Ob und wieweit der Abnehmer gemeinsam mit dem Callcenter dafür haftet weiß ich aber nicht, das fragen Sie am besten einen Juristen oder den Datenschutzbeauftragten.
Variante 2.) Main Compass hat selbst angerufen/ anrufen lassen
Die zweite Möglichkeit wäre natürlich, dass man einfach unter einer falschen Nummer oder einem falschen Namen angerufen hat. Das möchte und will ich natürlich niemandem unterstellen, ich zeige nur eine weitere Möglichkeit, wie man an die Daten gekommen sein kann.
Denn wenn kurz nach dem Anruf des Verbandes eine Terminbestätigung per Mail von MainCompass kommt, dann stellt sich der Kunde/ Interessent schon die Frage, wie das so geht und vor allem wer denn derjenige ist. Hier wird ein Termin mit einem Berater bestätigt, welcher so vorher in nicht in Erscheinung trat.
Aber da ja alle Berater ehrlich sind und sich auch in den anderen Fallen sicher nur bedauerliche Einzelfälle und Irrtümer gehäuft haben, ist es sicher ein dummes Missverständnis und es wird sich schnell aufklären. Aber wie gesagt, eine der beiden Varianten muss es gewesen sein, sonst wären die Daten nicht dort, wo diese nun sind.
Spannend wäre zudem auch die Datenschutzerklärung, welche die Weitergabe regelt. Der “Dachverband der PKV” müsste ja nun auch eine solche haben.
Der RICHTIGE PKV Verband ist auch schon “dran”
Auch dem wirklichen PKV Verband, welches aber ein Mitgliedsverband der Unternehmen ist, ist hierüber keinesfalls amüsiert. Auch hier wird geprüft, was genau sich unter der Behauptung und Vorgabe falscher Tatsachen abspielt. Leider ist es ähnlich wie mit anderen Fakeanrufen. Dem Herr zu werden ist extrem schwer bis unmöglich.
Dachverband der PKV – langsam reagieren auch Versicherer
In den vergangenen Beiträgen zu den bedauerlichen Einzelfällen habe ich einige Fälle geschildert. Dabei geht es um falsche Angaben im Antrag, in einem anderen Fall um Vergessene Kündigungen und damit zwei Verträge und in einem wieder anderen um angebliche Voranfragen, welche sich dann als Antrag herausstellen.
Alle Beiträge können Sie hier nachlesen. -So geht Beratung nicht- nie!-
Was Sie tun können, um nicht auf so eine Masche hereinzufallen?
Seriöse Berater rufen Sie nicht als so genannte ColdCalls (welche zudem noch verboten sind) an. Daher beachten Sie einige Regeln.
- Der Kontakt geht von Ihnen aus
- Falls nicht, es handelt sich um einen Berater, der Sie schon kennt/ betreut
- Geben Sie am Telefon keine Details zu Verträgen heraus
- Beantworten Sie keine Fragen zu Versicherungsstatus oder persönlichen Umständen
- Werden Ihnen Termine bestätigt, überlegen Sie ob Sie diese auch wollen und vereinbart haben
- Jeden Termin können Sie auch absagen/ die Tür zu lassen
- Fragen Sie ggf. bei Ihrem Versicherer nach, wenn sich jemand als der ausgibt
- Bitten Sie um eine Rückrufnummer und geben an, Sie melden sich zurück
Leider klappt das nicht immer. Die Fragetechnik/ Überredung muss so gut sein (ich kann es live ja nicht bewerten, mich ruft man ja leider nicht an), dass die Menschen darauf hereinfallen.
Erste Versicherer reagieren
Auf meine Anfrage bei einem betroffenen Krankenversicherer erhielt ich zwischenzeitlich eine Rückinfo. Dieser ist, neben dem echten PKV Verband, um eine Lösung bemüht. Daher
“werden wir jeden einzelnen Antrag des Vertriebspartners manuell nachtelefonieren und uns vergewissern, ob die Antragstellung auch dem Kundenwunsch entspricht”,
so der Vorstand mir gegenüber telefonisch. Denn wenn der
“Kunde einen Antrag bei uns stellt, sollte er das auch wissen und wollen” und auch “über die Folgen des Antrages und der Anzeigepflichtverletzung aufgeklärt sein”.
Dieses Vorgehen gelte zunächst bis auf Weiteres und für alle Anträge dieses Partners. Danach wolle man sich ein Bild über den Ablauf und die Qualität machen und diese besser bewerten und einschätzen.
Sind Sie auch betroffen?
Haben Sie gewechselt und wollten das gar nicht? Wurden Ihnen Anträge als “harmlose Voranfragen” angeboten oder gesagt “bestimmte Erkrankungen können Sie einfach weglassen”? Falls ja, es gibt durchaus Lösungsmöglichkeiten. Dazu zählt zum einen das Freigabeverfahren, zum anderen die Rückabwicklung der bestehenden Verträge, Schadenersatz und mehr. Dazu wenden Sie sich aber bitte an die entsprechenden Stellen. Das kann der Versicherer sein, dabei schreiben Sie am besten direkt an den Vorstand.
Beachten Sie auch die Folgen einer generellen Maklervollmacht, auf die Gefahren habe ich hier hingewiesen.